Schweizer Profi-Werkstätten leiden unter Kehrseiten des Velobooms

Die letzten beiden Jahre waren für den Schweizer Velohandel geprägt von einer enormen Nachfrage, aber auch von schwierigen Lieferverhältnissen. Dies hat auch Spuren hinterlassen in den Servicewerkstätten der Fachgeschäfte – sowohl im Guten als auch im Schlechten.

Wenn viel Velo gefahren wird, verschleißen Reifen, Ketten und Bremsbeläge schneller. Dies spürte der Schweizer Velohandel in den vergangenen zwei Jahren besonders stark. Durch den Veloboom in der Covid-Zeit stieg nicht nur die Nachfrage nach neuen Velos und Elektrovelos auf Höchstwerte, sondern auch der Bedarf nach Verschleißteilen, Reparaturen und Servicearbeiten. Gerade die Werkstätten des Velohandels kamen dadurch an ihre Kapazitätsgrenzen, wie die Werkstattumfrage 2022 des Branchenbüros dynaMot und des Zweirad-Gewerbeverbands 2rad Schweiz zeigt.

Das Erfreuliche daran ist, dass durch diese enorme Nachfrage die Profi-Werkstätten im Schweizer Velofachhandel an Bedeutung gewannen. Im Durchschnitt trägt die Arbeitsleistung der Werkstatt 21,5 % zum Gesamtumsatz der Fachgeschäfte bei. Gegenüber der letzten Umfrage, die kurz vor dem Beginn der Covid-Pandemie und des Velobooms durchgeführt wurde, ist dieser Wert rund um 10 % angestiegen.

Mangel an Fachkräften verschärft sich

Die Kehrseite dieses Erfolgs ist, dass sich der Fachkräftemangel im Schweizer Velohandels nochmals verschärfte. Zum Zeitpunkt der Befragung im Frühjahr 2022 suchten vier von zehn Velofachgeschäften nach Personal für ihre Servicewerkstatt. Hochgerechnet auf die ganze Schweiz bedeutet das, dass etwa 750 Velomechaniker fehlen. Doch nicht nur das fehlende Personal trübt die Bilanz der Werkstätten: Lediglich etwas mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer (55 %) gibt an, dass sie in der Werkstatt Geld verdienen. Gegenüber der Befragung von 2020 ist der dieser Wert leicht zurückgegangen.

Werkstattumfrage Velohandel Schweiz 2022
Werkstattumfrage Velohandel Schweiz 2022

Auf den ersten Blick erstaunt dieser Rückgang, denn die Werkstatt-Tarife sind in den letzten beiden Jahren im Schnitt um 3,5 % angestiegen. Dass die Profi-Werkstätten des Velohandels aber weniger gut rentieren, hängt neben dem Personalmangel auch stark mit den Lieferengpässen der Velobranche zusammen. «Zahlreiche Geschäfte verloren in den letzten zwei Jahren viel Zeit mit der Suche nach den passenden Ersatzteilen oder angemessenen Alternativen viel Zeit. Auch litt die Effizienz in der Werkstatt durch zahlreiche Garantiefälle an neu verkauften Velos und Elektrovelos. Bei manchen Herstellern litt die übliche Fertigungsqualität unter dem enormen Nachfragedruck der letzten beiden Jahre, und Händler als erste nächste Anlaufstelle der Velofahrenden mussten dann nachbessern», sagt der Studienautor Urs

Rosenbaum von dynaMot.

 

Hausgemachte Versäumnisse schmälern die Rentabilität

Dass die Rentabilität der Werkstatt nicht alle Erwartungen erfüllen kann, ist zum Teil aber auch hausgemacht, weiß Rosenbaum: «Ein bemerkenswert großer Anteil der Schweizer Fachhändler hat seine Werkstatt noch nicht voll auf Effizienz getrimmt. Bewährte Hilfsmittel wie Arbeitswerte oder Betriebsprogramme zur Erfassung und Abrechnung von Serviceaufträgen sowie zur Lagerverwaltung werden noch nicht umfassend genutzt. Dafür gibt es immer noch Geschäfte, die wertvolle Dienstleistungen wie Abholservice oder Ersatzvelo ihren Kunden gratis anbieten».

 

Werkstattumfrage 2022

Die Werkstattumfrage 2022 liefert Details und Kennzahlen, wie es um Tarife, Organisation, Digitalisierung, Personalmangel und Löhne in den Werkstätten des Schweizer Velohandels steht. Die Umfrage wird seit 2011 regelmäßig von dynaMot Kommunikation in Zusammenarbeit mit dem Zweirad-Gewerbeverband 2rad Schweiz durchgeführt und ausgewertet. Die ausführliche Auswertung kann direkt beim Herausgeber bestellt werden: www.dynamot.ch/werkstattumfrage. Eine kostenlose Inhaltsübersicht steht auf dieser Website zum Download bereit.


dynaMot Kommunikation GmbH

Das Fachbüro dynaMot ist spezialisiert auf Marktforschung und Kommunikation für und über die Schweizer Velobranche. Gründer und Inhaber ist Urs Rosenbaum, der sich seit 1998 beruflich mit Velos auseinandersetzt. Ab 2003 dokumentierte er den wirtschaftlichen Erfolg der Schweizer Velobranche als Fachjournalist und während mehreren Jahren als Herausgeber des Branchenmagazins Cyclinfo. Seit 2016 fokussiert er sich mit der dynaMot Kommunikation GmbH auf seine heutigen Dienstleistungen.

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