Woom-CEO Bernd Hake: „Händler sind die perfekten Markenbotschafter“

Woom-CEO Bernd Hake im Interview mit VeloTOTAL
Woom-CEO Bernd Hake im Interview mit VeloTOTAL

Woom bringt ein innovatives Kinderlaufrad auf den Markt. Der CEO Bernd Hake erklärt, was das dem Fachhandel bringt, was er für den Handel macht und was die Fahrradbranche von der Mode lernen kann.

Das erste selbstbalancierende Laufrad am Markt kostet 179 EUR und ermöglicht erste Roll-Erlebnisse, noch bevor die Kinder laufen können. Wir haben mit Woom-CEO Bernd Hake über das Produkt, den Vertrieb und die Zukunft der Fahrradbranche gesprochen.

 

VTB: Herr Hake, Woom bringt mit dem Wow das erste selbstbalancierende Laufrad für Kinder unter 1 Jahr auf den Markt. Was ist der Vorteil dieser Selbstbalance?

 

Bernd Hake: Das Wow erleichtert das Erlernen des Gleichgewichts und das Balancehalten enorm, weil es sich von selbst aufrichtet. Kinder werden dadurch früher mobil, haben mehr Freude an der Bewegung und bauen schneller Muskulatur auf. Sie ziehen sich früh in eine Standposition hoch – das unterstützt die motorische Entwicklung auf spielerische Weise. 

 

VTB: Wer übernimmt die Endmontage des neuen Modells?

 

Hake: Die Endmontage erfolgt direkt bei unserem Produktionspartner in Portugal. Das Woom Wow kommt fertig montiert im versiegelten Karton beim Händler an. Der Fachhändler kann das Laufrad also ohne eigene Montagearbeit direkt an die Kundschaft verkaufen – das spart Zeit und reduziert Fehlerquellen. 

 

VTB: Welche Rolle spielt der Fachhandel für Woom im Vergleich zu anderen Vertriebskanälen?

 

Hake: Deutschland ist unser größter und damit wichtigster Absatzmarkt. Wie in anderen Ländern erzielen wir auch hier rund 50 Prozent unseres Umsatzes über den Fachhandel – entsprechend hoch ist seine Bedeutung für uns. 

 

VTB: Und jetzt ohne Zahlen: Was bringt Ihnen der Fachhandel?

 

Hake: Der Fachhandel bedeutet Vertrauen. Das ist gerade bei einem Produkt wie dem Wow wichtig, das Kinder schon ab neun Monaten nutzen. Eltern wollen Sicherheit. Ein guter Händler kann überzeugend vermitteln, dass das Rad kindgerecht ist und die Entwicklung fördert. Diese persönliche Beratung kann kein Online-Shop ersetzen – da sind Händler die perfekten Markenbotschafter. 

 

VTB: In der Vergangenheit gab es Kritik aus dem Fachhandel an der Belieferung aus zwei Lagern. Das wurde zum Problem, wenn ein bestimmtes Modell im Handel nicht verfügbar war, aber im Onlineshop für Endkunden als verfügbar angezeigt wurde. Mit dem Wegfall der Versandpauschale für Endkunden entfiel dann auch noch ein Argument für den Fachhandel, einfach zu warten, bis das Modell wieder verfügbar ist. Was hat sich geändert?

 

Hake: Das wurde berechtigterweise diskutiert, und wir haben das gelöst: Woom beliefert Fachhändler und Endkunden jetzt aus einem gemeinsamen Lager. Die frühere Aufteilung der Lager war ein Relikt aus unseren Anfangsjahren. Aktuell reservieren wir noch ein bestimmtes Kontingent für den Direktvertrieb über unseren Webshop, aber sollte ein Modell einmal kurzzeitig nicht für den Handel verfügbar sein, können wir es innerhalb weniger Stunden ins B2B-Lager umbuchen.

Und wir planen schon die nächste Verbesserung: Künftig kann sich der Fachhandel direkt über unseren Online-Store mit einem Code zum Händler-Einkaufspreis beliefern lassen. Damit werden bald Verzögerungen komplett entfallen. Übrigens: Seit 2023 nehmen wir Abstand von Rabattaktionen. Die Preisstabilität hilft natürlich besonders dem Fachhandel. 

Höchste Sicherheit: Der Spalt zwischen den Reifen und Gabel bzw. Rahmen ist so schmal, dass Finger und Zehen nicht hineingezogen werden können.
Höchste Sicherheit: Der Spalt zwischen den Reifen und Gabel bzw. Rahmen ist so schmal, dass Finger und Zehen nicht hineingezogen werden können.

VTB: Sie waren früher in der Modebranche, unter anderem bei Hugo Boss. Was kann die Fahrradbranche von der Mode lernen?

 

Hake: Die Fahrradbranche hat in vielen Bereichen enorme Stärken: Engineering, Produktqualität und Innovationskraft sind herausragend. Auch die Zusammenarbeit mit Zulieferern funktioniert sehr gut – man arbeitet partnerschaftlich und offen, selbst mit Wettbewerbern. Aber es gibt auch Schwächen. Viele Unternehmen haben zu wenig Kundennähe und nutzen Kundendaten kaum. Die Modebranche ist hier viel weiter: Sie spricht Kunden personalisiert an und arbeitet stark emotional. In der Fahrradbranche ist Marketing dagegen oft rein produktbezogen – dabei bietet das Fahrrad so viele emotionale Themen: Abenteuer, Freundschaft, Gesundheit.

  

VTB: Wie sehen Sie den Fahrradfachhandel im Vergleich zu anderen Branchen?

 

Hake: Der Handel ist eine große Stärke – die Händler kennen ihre Produkte, beraten hervorragend und beherrschen die Werkstatt. Das ist nicht selbstverständlich. Eine Schwäche sehe ich allerdings in der Emotionalisierung am Point of Sale. Viele Läden haben eine tolle Produktauswahl, aber zu wenig Erlebniswelt, zu wenig Lifestyle – da fehlt das Einkaufserlebnis. Zudem sind die Margen in der Fahrradbranche insgesamt klein. Der Spielraum für Fehler ist dadurch gering. Besonders die lange und wenig digitalisierte Lieferkette ist ein Problem: Wer sich hier verkalkuliert, sitzt schnell auf zu viel oder zu wenig Bestand. Das kann im Extremfall existenzgefährdend sein.

  

VTB: Bei Woom scheint das kein Problem zu sein.

 

Hake: Nein, im Gegenteil – nach über 40 Prozent Umsatzwachstum im ersten Halbjahr auf über 90 Millionen Euro Umsatz steuern wir auf unser stärkstes Jahr zu. In vielen Märkten sehen wir, dass wir ab etwa 20 Prozent Marktanteil sehr schnell auf 30 oder 40 Prozent wachsen. Besonders spannend sind die USA: Dort verkaufen wir aktuell rund 70.000 Räder im Jahr. Zum Vergleich: In Polen sind es etwa 40.000, in Deutschland 195.000 – und auch hier wächst der Markt weiter.

  

VTB: Herr Hake, vielen Dank für das Gespräch.

Präsentation des Wow am Tegernsee: Die extrem breiten Reifen sorgen für einfache Balance.
Präsentation des Wow am Tegernsee: Die extrem breiten Reifen sorgen für einfache Balance.

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