Eine brisante Diskussion um die Zukunft der Radwege in den Niederlanden entfacht: Die fünf größten Städte des Landes – Amsterdam, Rotterdam, Den Haag, Utrecht und Eindhoven – haben die Regierung in Den Haag aufgefordert, ihnen das Recht zu geben, elektrisch angetriebene Fahrzeuge von Radwegen auszuschließen. Die Forderung betrifft nicht nur E-Scooter, sondern könnte auch Pedelecs erfassen, die in Deutschland und der EU rechtlich den Fahrrädern gleichgestellt sind.
Sicherheit im Fokus: Wenn Geschwindigkeit zur Gefahr wird
Die Stadtverwaltungen begründen ihren Vorstoß mit der wachsenden Sorge um die Sicherheit der Radfahrenden. Die stark steigende Zahl elektrischer Fahrzeuge, die sich in Größe, Masse und Geschwindigkeit teils erheblich unterscheiden, gefährde besonders die vulnerablen Radfahrer. In einem gemeinsamen Schreiben an den Verkehrsausschuss des niederländischen Parlaments formulieren sie ihre Position deutlich: „Radwege müssen für alle sicher bleiben – nicht nur für die größten, stärksten und schnellsten“.
Experten gehen davon aus, dass sich die Forderung der Städte vorrangig auf Pedelecs mit einer Nenndauerleistung von 250 Watt und einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h bezieht, da schnellere Speed-Pedelecs in den Niederlanden ohnehin bereits nicht auf Radwegen fahren dürfen.
Mögliche Auswirkungen auf die Verkehrskultur
Sollte ein Fahrverbot für Pedelecs auf Radwegen tatsächlich umgesetzt werden, hätte dies weitreichende Konsequenzen für die niederländische Verkehrskultur. Radwege sind das Rückgrat der Alltagsmobilität in den Niederlanden, und Pedelecs haben dort insbesondere bei älteren Nutzern eine hohe Marktdurchdringung. Ein solcher Ausschluss könnte die Attraktivität der Elektromobilität im Alltag deutlich mindern.
Ernst Brust, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Mikromobilität, warnt vor voreiligen Verboten. Er sieht Pedelecs als das erfolgreichste Instrument zur Verkehrswende im Alltagsradverkehr. Anstatt sie zu verbannen, schlägt er vor, die Regulierung auf klare Beschleunigungs- und Leistungsgrenzen zu konzentrieren. Er hält eine zusätzliche Beschleunigungsgrenze von 0,835 m/s² für sinnvoll, um Leistungsspitzen zu vermeiden und die sichere Integration von Pedelecs auf Radwegen zu gewährleisten, ohne ihre Alltagstauglichkeit zu beeinträchtigen.
Quelle: Gastbeitrag www.velotech.de — Ernst Brust
