Irreführende Pedelec-Werbung: Wenn die StVZO auf der Strecke bleibt

In der aktuellen Landschaft der Fahrradbranche häufen sich Berichte und Beobachtungen, die auf einen besorgniserregenden Missstand hinweisen: die Präsentation von Pedelecs, einschließlich motorunterstützter Gravelbikes und Mountainbikes, in Werbeanzeigen und redaktionellen Beiträgen. Oftmals werden diese Fahrzeuge mit Attributen wie „voll ausgestattet“ oder „ohne Kompromisse“ beworben, während die Abbildungen essenzielle, gesetzlich vorgeschriebene Komponenten gemäß der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vermissen lassen.

Fehlende Ausstattung – ein Sicherheitsrisiko

Zu den häufig fehlenden Elementen auf den Produktbildern zählen grundlegende Sicherheitsausstattungen wie Speichen- oder Reifenreflektoren, Pedalrückstrahler, ein zugelassener Frontscheinwerfer und Z-Strahler am Heck. Auch eine Glocke, die für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr unerlässlich ist, wird oft nicht abgebildet. Dieser Umstand ist nicht nur irreführend für den Endverbraucher, sondern birgt auch erhebliche rechtliche und sicherheitsrelevante Konsequenzen.

 

Konkrete Beispiele für fehlende StVZO-Ausstattung in der Praxis und Werbung:

Es gibt leider immer wieder Beispiele, bei denen die StVZO-Ausstattung in der Präsentation von Pedelecs, insbesondere bei sportlich orientierten Modellen wie Gravelbikes oder Mountainbikes, vernachlässigt wird:

  1. Fehlende Reflektoren:

    • Speichen- oder Reifenreflektoren: Viele sportliche Pedelecs werden mit schwarzen Reifen ohne Reflexstreifen oder mit Speichen ohne die vorgeschriebenen gelben Speichenreflektoren (oft „Katzenaugen“ genannt) beworben oder ausgeliefert. Diese sind aber für die seitliche Sichtbarkeit im Straßenverkehr unerlässlich.

    • Pedalrückstrahler: Häufig werden Pedelecs mit sportlichen Klickpedalen oder Plattformpedalen ohne die vorgeschriebenen gelben Reflektoren an den Pedalen gezeigt. Diese sind jedoch zwingend notwendig, um die Bewegung des Fahrers für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar zu machen.

    • Z-Strahler hinten: Neben dem Rücklicht ist ein separater, roter Z-Rückstrahler (oft auch als „Großflächenrückstrahler“ bezeichnet) Pflicht, der auch bei Ausfall des Rücklichts für eine passive Sicherheit sorgt. Dieser wird in der Werbung oft weggelassen oder ist nicht erkennbar.

  2. Unzureichende oder fehlende Beleuchtung:

    • Kein fest installiertes Licht: Obwohl die StVZO für Pedelecs (wie für Fahrräder) eine fest installierte Beleuchtung vorschreibt, werden Modelle oft mit abnehmbaren Akku-Leuchten beworben, die nicht dauerhaft montiert sind oder deren Zulassung (K-Nummer) nicht klar ersichtlich ist. Manchmal fehlen die Leuchten auf den Bildern auch komplett.

    • Fehlendes Prüfzeichen („K-Nummer“): Auch wenn eine Beleuchtung vorhanden ist, fehlt oft der Hinweis auf das notwendige Prüfzeichen (Wellenlinie mit K-Nummer), das die StVZO-Konformität bescheinigt. Ohne dieses Zeichen ist die Leuchte im deutschen Straßenverkehr nicht zugelassen.

    • Nicht korrekt ausgerichtete Scheinwerfer: Obwohl dies auf Bildern schwer zu erkennen ist, gibt es in der Praxis oft Scheinwerfer, die nicht korrekt eingestellt sind und somit andere Verkehrsteilnehmer blenden oder die Fahrbahn nicht optimal ausleuchten.

  3. Fehlende Klingel:

    • Eine helltönende Klingel ist eine Pflichtausstattung. Auf vielen Werbebildern von sportlichen Pedelecs fehlt sie jedoch komplett, um eine „cleane Optik“ zu erzielen.

Diese Beispiele zeigen, dass der Appell von Ernst Brust und Velotech.de an die Branche, der StVZO-Ausstattung mehr Beachtung zu schenken, absolut berechtigt ist. Es geht hierbei nicht nur um formale Vorschriften, sondern um die grundlegende Sicherheit der Radfahrenden und die Vermeidung rechtlicher Konsequenzen.

Konformität und Haftung: Ernsthafte Folgen bei Nichteinhaltung

Ein Pedelec (EPAC) gilt gemäß der Maschinenverordnung (ehemals Maschinenrichtlinie) und der europäischen Norm EN 15194 nur dann als konform, wenn es auch im Sinne der StVZO vollständig ausgestattet ist. Das Fehlen dieser vorgeschriebenen Komponenten kann nicht nur zum Verlust der CE-Konformität führen, sondern auch weitreichende Haftungsrisiken im Schadensfall nach sich ziehen. Dies betrifft sowohl Hersteller als auch Händler, die solche Fahrzeuge in Verkehr bringen oder bewerben. Werbung, die Fahrzeuge ohne die gesetzeskonforme Ausstattung zeigt, widerspricht somit nicht nur den gesetzlichen Vorgaben, sondern auch dem fundamentalen Anspruch an die Produktsicherheit im öffentlichen Straßenverkehr.

 

Appell an die Branche: Sicherheit beginnt bei der Sichtbarkeit

Angesichts dieser Problematik ergeht ein dringender Appell an alle Akteure der Fahrradbranche: Hersteller, Händler und Fachpresse sind aufgerufen, der StVZO-Ausstattung bei Produktfotos und Testfahrzeugen wieder mehr Beachtung zu schenken. Die Sicherheit der Radfahrenden beginnt bei der korrekten und vollständigen Ausrüstung des Fahrzeugs sowie deren transparenter Darstellung. Nur durch eine konsequente Einhaltung dieser Standards können das Vertrauen der Konsumenten gestärkt und die Sicherheit auf unseren Straßen gewährleistet werden.

 

 

Quelle: PM www.velotech.de — Ernst Brust

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