Dramatische Unfallzahlen: Senioren im Straßenverkehr massiv gefährdet – Politik, Planung und Technik sind gefordert

Verkehrssicherheit älterer Menschen: Senioren besonders gefährdet / Bild: AI-generiert
Verkehrssicherheit älterer Menschen: Senioren besonders gefährdet / Bild: AI-generiert

Die jüngsten Unfallstatistiken der Senioren-Union für das Jahr 2024 offenbaren eine alarmierende Entwicklung im deutschen Straßenverkehr: Über 63 % der tödlich verunglückten Radfahrenden waren Senioren über 65 Jahre. Bei Unfällen mit Pedelecs schnellt dieser Anteil sogar auf fast 69 % hoch.

Diese Zahlen sind besorgniserregend und zeigen dringenden Handlungsbedarf auf allen Ebenen. Ein Sachverständiger für Mikromobilität, Ernst Brust von velotech.de, fordert daher umfassende Maßnahmen in Politik, Planung und Technik, um die Sicherheit älterer Verkehrsteilnehmer signifikant zu verbessern.

 

 

Verantwortung liegt oft bei anderen Verkehrsteilnehmern

 

Entgegen der oft verbreiteten Meinung sind es nicht primär die Senioren selbst, die Unfälle verursachen. Die Daten belegen klar: In drei von vier Fällen tragen andere Verkehrsteilnehmer die Hauptschuld an Unfällen mit älteren Radfahrerinnen und Radfahrern. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, nicht nur die Infrastruktur und Technik zu verbessern, sondern auch das Bewusstsein und die Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer zu schärfen.


Technische Defizite und fehlende Anpassungen

 

Aus technischer Sicht identifiziert Ernst Brust von velotech.de mehrere kritische Punkte, die zur erhöhten Gefährdung älterer Menschen beitragen:

  • Pedelec-Risiken im Alter: Pedelecs sind für viele Senioren eine attraktive Lösung, um mobil zu bleiben. Doch die aktuellen Modelle sind selten auf altersgerechte Ergonomie, intuitive Bedienung oder ein sanftes Anfahrverhalten ausgelegt. Viele Fahrzeuge bieten eine zu starke Beschleunigung und mangelnde Fahrstabilität in kritischen Situationen, was das Unfallrisiko für weniger geübte oder reaktionsschwächere Fahrer erhöht.

  • Infrastrukturdefizite: Die bestehende Radwegeinfrastruktur ist oft unzureichend. Viele Radwege sind zu schmal oder verlaufen ohne physischen Schutz direkt neben mehrspurigen Fahrbahnen. Für ältere Menschen mit möglicherweise eingeschränktem Reaktionsvermögen oder verringerter Körperstabilität stellt dies ein erhebliches Risiko dar. Eine klare und sichere Trennung der Verkehrsarten ist unerlässlich.

  • Unterschätzte Systemverantwortung: Die rechtliche und technische Regulierung der Pedelecs hinkt der rasanten Entwicklung hinterher. Weder die Anforderungen an Bremsen noch an die Sichtbarkeit oder akustische Warnsysteme sind ausreichend auf die Bedürfnisse älterer Nutzer abgestimmt. Hier besteht eine dringende Notwendigkeit, die Standards zu überdenken und anzupassen.


Konkrete Empfehlungen für mehr Sicherheit

 

Um die dramatischen Unfallzahlen in den Griff zu bekommen und die Sicherheit älterer Menschen im Straßenverkehr zu gewährleisten, werden folgende Maßnahmen dringend empfohlen:

  • Altersgerechte Pedelec-Klassen: Die Einführung einer neuen Pedelec-Klasse mit sanfterer Motorcharakteristik und höherer Kippsicherheit könnte das Fahren für Senioren sicherer machen.

  • Klare Verkehrstrennung: Eine konsequente bauliche und verkehrsrechtliche Trennung von Rad- und Kraftfahrzeugverkehr ist essenziell, um Konfliktpunkte zu minimieren und Schutzzonen für Radfahrer zu schaffen.

  • Gezielte Schulungen und Trainings: Ähnlich den medizinisch-psychologischen Beratungen im Kfz-Bereich sollten spezielle Schulungs- und Sicherheitstrainings für ältere Menschen angeboten werden. Diese könnten gezielt auf die Besonderheiten des Pedelec-Fahrens und das Verhalten im Straßenverkehr eingehen.

  • Systemische Technologiebewertung: Neue Technologien wie Radarsensorik oder automatische Bremsassistenzsysteme sollten im Pedelec-Umfeld systematisch bewertet und implementiert werden, um zusätzliche Sicherheit zu bieten.


Fazit: Schutz der Schwächsten als Priorität

 

Eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik, die den Schutz der Schwächsten ernst nimmt, muss an mehreren Fronten ansetzen: Infrastruktur, Technik und Nutzerkompetenz. Die Bedürfnisse älterer Menschen dürfen dabei nicht länger ignoriert werden. Die Forderungen der Senioren-Union sind in diesem Zusammenhang nicht nur berechtigt, sondern von größter Bedeutung und verdienen volle Unterstützung. Es ist höchste Zeit, dass die Sicherheit unserer älteren Mitbürger im Straßenverkehr Priorität erhält.


Quelle: www.velotech.de – Ernst Brust

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