
Deutschland hinkt im europäischen Vergleich bei der kinderfreundlichen Mobilität besorgniserregend hinterher. Das zeigt eine neue europäische Studie des Clean Cities Netzwerks. Während Städte wie Paris, London und Helsinki beweisen, wie ein Fokus auf die Bedürfnisse von Kindern urbane Räume für alle lebenswerter macht, fallen deutsche Metropolen zurück. Zehntausende Menschen demonstrieren daher aktuell bundes- und europaweit im Rahmen der Aktionswochen „Straßen sind für alle da“, um eine dringende Verkehrswende einzufordern.
Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Deutsche Städte sind nicht auf Kinder eingestellt. Sichere Schulwege sind Mangelware, Schulstraßen die Ausnahme, und Tempo 30 sowie geschützte Radwege sind bei weitem nicht flächendeckend umgesetzt. Im Vergleich von 36 europäischen Städten, die anhand von drei Schlüsselindikatoren (Anteil der Grundschulen mit Schulstraßen, Anteil des Straßennetzes mit Tempo 30 oder weniger, Anteil geschützter Radinfrastruktur) bewertet wurden, landeten die untersuchten deutschen Städte München (Platz 12), Berlin (15), Köln (17) und Hamburg (18) nur im Mittelfeld oder darunter. Paris hingegen schneidet in allen Kategorien gut ab, London glänzt bei Schulstraßen, und Helsinki überzeugt wie Paris mit vielen geschützten Radwegen. Diese Städte zeigen, dass schnelle Veränderungen mit klaren politischen Zielen und niedrigschwelligen Maßnahmen möglich sind.
Die Erkenntnisse der Studie untermauern die Forderungen der Aktionswochen „Straßen sind für alle da“, die vom 5. bis 25. Mai mit vielfältigen Aktionen wie Kidical Mass Fahrraddemos, Schulstraßenaktionen und Fahrradbussen stattfinden. „Wir stellen keine absurden Forderungen. Seit Jahren richten wir den Fokus auf eine Verkehrswende mit dem Maßstab Kind: Schulstraßen, Tempo 30, sichere Radwege. Das ist ein Gewinn für alle Generationen!“, betont Simone Kraus, Sprecherin des Kidical Mass Aktionsbündnisses. Sie begrüßt, dass die Studie diesen Zusammenhang nun mit Daten belegt und appelliert an die deutschen Städte: „Von den europäischen Vorbildern lernen, Mut zur Veränderung zeigen und endlich loslegen!“
Die Forschung belegt eindeutig: Kinderfreundliche Städte schaffen mehr Lebensqualität für alle Bewohner. Sicherere Straßen für Kinder bedeuten weniger Verkehr, leisere Nachbarschaften und mehr Platz für Menschen statt Autos. Dies ist offensichtlich für jeden, der sich im öffentlichen Raum bewegt, aber Studien sind für evidenzbasierte politische Entscheidungen unerlässlich.
Wasilis von Rauch, Geschäftsführer von Zukunft Fahrrad, unterstreicht: „Davon profitieren alle Verkehrsteilnehmenden. Und für die Fahrradwirtschaft ist klar: Wer heute sicher und gern Rad fährt, bleibt auch morgen mobil – das stärkt nachhaltige Märkte und sorgt für zukunftsfähige Mobilität."
Jens Müller, stellvertretender Direktor des Netzwerks Clean Cities, ergänzt: „Kinder, die sich viel bewegen, sind glücklicher, gesünder und lernen leichter in der Schule. Sichere Schulwege sollten daher in jeder Stadt Normalität sein. Unsere Nachbarländer zeigen, wie das geht. Wer heute zum Beispiel durch Paris läuft, erkennt die Stadt kaum wieder.“ Er hebt hervor, dass Maßnahmen wie Schulstraßen, Tempolimits und geschützte Radwege auch andernorts schnell und ohne große Kosten umsetzbar sind.

Jetzt sind die Verantwortlichen auf allen politischen Ebenen gefordert. Es mangelt nicht an Lösungen oder der Rechtslage – die StVO-Novelle 2024 hat den Kommunen mehr Handlungsspielraum gegeben. Es bedarf jedoch klarer, überprüfbarer Zielvorgaben, gezielter Förderprogramme und einer weiteren Reform des Straßenverkehrsrechts auf Bundes- und Landesebene, die konsequent den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Erfahren Sie mehr über die beteiligten Organisationen, die Studie und die Aktionswochen:
- Clean Cities Campaign: https://cleancitiescampaign.org/ (Informationen zur Studie und zum Netzwerk)
- Kidical Mass Aktionsbündnis / Aktionswochen „Straßen sind für alle da“: https://kinderaufsrad.org/
- Zukunft Fahrrad: https://zukunft-fahrrad.org/
- VCD (Verkehrsclub Deutschland, unterstützt die Aktionswochen): https://www.vcd.org/