Fotofinish und Tränen der Freude. Eva Lechner, 35-jährige aus dem Südtiroler Eppan krönt mit dem Vize-Weltmeistertitel auf dem Mountainbike ihre lange Karriere. Fast zehn Jahre nach Bronze 2011 in Champery/Schweiz. Ihr bislang größter Erfolg als Radprofi.
Auf dem Crossrad war sie es schon. Vizeweltmeisterin 2014 in Hoogerheide/Niederlande. Damals fuhr Eva Lechner hinter der unschlagbaren Marianne Vos über die Ziellinie. Unangefochten. Für ihren
Entdecker, den Südtiroler Edmund „Edi“ Telser war das schon ein Sieg, galt Marianne Vos doch über Jahre als Klasse für sich. Heute ist es so ähnlich. Die amtierende Weltmeisterin Pauline
Ferrand-Prévot aus Frankreich ist nicht zu schlagen. Konkurrenzlos fährt sie auch 2020 in Leogang/Österreich zu WM-Gold. Erster Gratulant im Ziel: Lebenspartner Julian Absalon, selbst mehrfacher
MTB-Weltmeister und zweifacher Olympiasieger.
Das eigentliche Rennen findet um die Podestplätze statt. Für Rebecca McConnell aus Australien scheint Silber lange Zeit sicher. Dahinter das Duell um Platz Drei zwischen Eva Lechner und der 12
Jahre jüngeren Schweizerin Sina Frei. „Ein cooles Duell“, wie es der TV-Kommentator im Schweizer Fernsehen ausdrückt. Ein Duell der Generationen. So oder so auch ein Sieg für Edi Telser aus dem
Vinschgau, war er doch lange Jahre Trainer und Team-Manager von Eva Lechner und verantwortet heute das Schweizer Nationalteam der Damen. Engagiert feuert er seine Schützlinge an der Strecke
an.
Am Ende gewinnt Eva Lechner, und zwar Silber. Wie es dazu kommt? McConnell wird Runde um Runde langsamer und das Duo Lechner/Frei schließt auf. Während Sina Frei in der letzten Runde abreißen
lässt, kommt Eva Lechner der Australierin immer näher. Zwei Schlüsselszenen folgen. Eva Lechner, schon auf dem zweiten Platz, wird von McConnell in einer Kurve leicht abgedrängt und fällt erneut
hinter die Australierin zurück. Dann der wohl entscheidende Moment: McConnell rutscht in der letzten schlammigen Abfahrt weg, Lechner schließt direkt auf und siegt im Schlusssprint auf der
Zielgeraden um wenige Zentimeter.
Für Eva Lechner der größte Erfolg ihrer langen Profikarriere. Nach vielen Titeln im Mountainbike und Radcross folgte eine schwierige Zeit. Mehrere Team-Wechsel nach der Tod von Erminio Bolgiani,
dem „Vater“ der frühen Lechner-Erfolge brachten nicht die erhofften Ergebnisse. Ganz im Gegenteil. Lechner entfernte sich zunehmend von der Weltelite. Sie musste immer weiter hinten starten und
kam entsprechend schwerer in vordere Ränge. Dass sie nun genau im schwierigen Corona-Jahr wieder ganz vorne mitfährt, freut Eva Lechner und ihre vielen Fans umso mehr. „Wahnsinn“, so eine
überglückliche Eva Lechner mit Freudentränen im Ziel.
Redaktion: Dr. Josef Bernhart