Alltagsservice an (noch) nicht-alltäglichen Rädern

Getriebeschaltung, Riemenantrieb, Liegerad oder Bambusrahmen: Die Fahrradbranche hat in den letzten Jahren einige interessante Neuheiten auf den Markt gebracht, die mittlerweile aus der Nische heraus den Massenmarkt erobern. Doch so mancher Radfahrer schreckt noch vor den praktischen Neuheiten zurück, weil ihm die Servicearbeiten fremd sind. Der pressedienst-fahrrad zeigt darum, dass wesentliche Alltags-Servicearbeiten an (noch) nicht-alltäglichen Rädern kein Hexenwerk sind.


Ölwechsel am Pinion-Getriebe

Benötigtes Werkzeug: Inbusschlüssel (2,5 und 3 Millimeter), Original Ganzjahres-Getriebeöl von Pinion mit Spritze, Lappen

 

Eine herkömmliche Fahrradschaltung richtig einstellen, pflegen und warten bedarf einer gewissen Vorkenntnis, damit die Schaltung auch nach dem Service wieder reibungslos funktioniert. Anders ist es beim wartungsarmen Zentralgetriebe von Pinion. Das System läuft von Haus aus reibungslos.

Lediglich einmal jährlich oder alle 10.000 Kilometer muss der Service in Form eines Ölwechsels erfolgen. „Im Inneren des Getriebes laufen Zahnräder in einem Ölbad. Die Wellen sind mit extra großen Kugellagern gelagert, was ein haltbares und dauerfestes Tretlager gewährleistet. Damit dies auch lange so bleibt, ist der Ölwechsel wichtig. Das ist aber nicht weiter schwierig. Man kann ihn einfach zu Hause machen“, erklärt Andrea Escher von Pinion. Im ersten Schritt werden mit einem 2,5-Millimeter-Inbusschlüssel die kleinen Schrauben der Getriebeabdeckung gelöst, anschließend mit einem Drei-Millimeter-Inbusschlüssel eine kleine Madenschraube unterhalb des Getriebes aufgeschraubt. Das alte Öl kann nun aus dem Getriebe abfließen. Dazu nutzt man am besten die leere Spritze, die im Set mit dem Pinion-Ganzjahres-Getriebeöl erhältlich ist. Für ein einfaches Handling wird der beiliegende Adapterschlauch an der Spritze befestigt und mit dem anderen Ende in die Ölablassbohrung eingeschraubt. Durch Aufziehen der Spritze wird das Altöl schnell und sauber aus dem Getriebe gesaugt.

Anschließend wird das Altöl aus der Spritze entleert und diese mit neuem Öl aufgefüllt. „Dabei ist es wichtig, das originale Pinion-Getrieböl zu verwenden – um den Erhalt der Garantie zu gewährleisten“, meint Escher. Die kompletten 60 Milliliter des neuen Öls werden in das Getriebe gespritzt. Dank des Adapters ist der Vorgang eine saubere und tropffreie Angelegenheit. Kleine Reste entfernt man am besten mit einem Lappen. Danach schraubt man den Adapter ab und zieht die Ölablassschraube mit drei Newtonmetern an. Abschließend wird die Gehäuseverkleidung aufgebracht und festgezogen. Fertig. „Das alte Öl darf man aber nicht im Hausmüll wegschütten, sondern muss es fachmännisch entsorgen lassen, z. B. beim örtlichen Wertstoffhof oder Fahrradfachhändler“, so Escher.


Reifenwechsel am Riemenrad

Benötigtes Werkzeug: 15-Millimeter Schraubenschlüssel (bei einer Vollachse), Flickzeug, Luftpumpe, Smartphone

 

Riemenantriebe bieten gegenüber Fahrradketten den Vorteil, dass sie besonders wartungsarm sind und bis zu dreimal so lange halten. Doch vor einem platten Reifen schützt auch der Riemenantrieb nicht. Ein Reifenwechsel ist allerdings nicht schwer und unterscheidet sich kaum von der Kettenvariante. 

Der Riemenantrieb ist jedoch nur mit Zentralgetriebe- oder Nabenschaltung kombinierbar und die Wahl des Werkzeuges ist von der Art der Hinterradachse abhängig. Beispielhaft haben wir den Radwechsel an einer Elffach-Nabenschaltung von Shimano mit Vollachse durchgeführt. Am Anfang schaltet man in den niedrigsten Gang und löst den Schaltzug. Anschließend öffnet man die Radmuttern mit dem Schraubenschlüssel und entnimmt das Rad. Dabei nimmt man den Riemen von der hinteren Riemenscheibe. „Der Riemen kann während der weiteren Arbeiten einfach am Rad hängen bleiben und muss nicht entfernt werden“, sagt Frank Schneider vom Riemenhersteller Gates. Eine detaillierte Anleitung zum weiteren Vorgehen beim Schlauchflicken finden Sie hier.

 

Nachdem der Schlauch wieder dicht ist oder ersetzt wurde, wird das Rad eingehängt und dabei der Riemen auf beide Riemenscheiben aufgezogen. „Aber Vorsicht: Man darf nicht wie bei Ketten an der Kurbel drehen, um den Riemen einfacher aufzuziehen. Das kann zu Beschädigungen führen“, warnt Schneider. Bei den meisten Rädern liegt der Riemen danach optimal auf und muss nicht weiter korrigiert werden. Man zieht einfach die Muttern fest, hängt den Schaltzug wieder ein, pumpt auf und überprüft die Funktion der Schaltung.

Der Riemen erfährt keine Längung und man kann ihn einfach wieder reinlegen ohne nachspannen zu müssen. Anschließend sollte noch die Riemenspannung überprüft werden, gerade bei Fahrrädern mit horizontalen Ausfallenden, bei denen man die Spannung des Riemens durch die Position der Hinterradachse im Rahmen verstellen kann. Hierfür bietet Gates eine kostenlose Smartphone-App an. „Man startet die App, hält das Mikrophon direkt an den Riemen und zupft diesen ähnlich einer Gitarrensaite“, erklärt Schneider. Die App zeigt dann die Frequenz der Schwingung an. „Bei Nabenschaltungen sollte der Wert zwischen 35 und 50 Hertz liegen“, so der Gates-Fachmann. Falls die Spannung nicht korrekt ist, muss an den dafür vorgesehenen Schrauben nachjustiert werden. Dies ist jedoch von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Im Zweifel sollte das die Werkstatt prüfen.


Pflege von Bambusrädern

Benötigtes Werkzeug: Fahrrad-Putzmittel, Lappen

 

Die Vermutung liegt nahe, dass Bambusfahrräder eine spezielle Reinigung mit Holzpolitur oder ähnlichem benötigen. „Das ist jedoch falsch“, erklärt Felix Habke vom Bambusradhersteller My Boo.

Erstens handelt es sich bei dem natürlichen Rohstoff aus biologischer Sicht um ein Gras und nicht um Holz. Und zweitens werden die in Ghana von Hand gefertigten Rahmen mit einem Klarlack überzogen und so für die europäische Witterung präpariert. „Deshalb braucht ein Bambusrahmen keinen besonderen Service, sondern kann wie ein normaler Fahrradrahmen mit den gängigen Fahrradreinigern behandelt werden“, so Habke. Einzig wenn das Rad lange im Regen oder Schnee stand, sollte der Rahmen vor Gebrauch einmal mit einem trockenen Tuch abgewischt werden. „Ein Vorteil des Bambus ist, dass das Material bei Feuchtigkeit nicht rostet“, so der My-Boo-Sprecher.

 

Da es sich um einen natürlichen Rohstoff handelt, können jedoch auch natürliche Probleme entstehen. Aufgrund der Längsfaserung des Bambus kommt es in einigen Fällen während des Trocknungsprozesses (oder auch danach) zur Bildung kleiner Faserrisse längs der Faserrichtung. Sie haben laut Hersteller keinen Einfluss auf Fahrstabilität oder Stabilität des Rahmens. Die Haarrisse sollten jedoch mittelfristig behandelt werden, damit keine Feuchtigkeit in den Rahmen eindringt. Deshalb ist es sinnvoll, mit einem Riss zum Fachhändler zu gehen. Dieser erhält von My Boo präventiv ein Reparaturkit, mit dem die Risse wieder verschlossen werden können. „Das kommt jedoch selten vor. Wir sind von der Stabilität des natürlichen Rohstoffes überzeugt und geben deshalb fünf Jahre Garantie auf unsere Produkte“, erklärt Habke.

 


Einstellung der Beinlänge am Liegerad

Benötigtes Werkzeug: Inbusschlüssel 6 Millimeter mit Kugelkopf, Drehmomentschlüssel, bei manchen Modellen auch werkzeugfreie Montage möglich

 

Die erste Einstellung der Sitzposition am Liegerad wird im Normalfall beim Fachhändler vorgenommen, da dieser nochmals einen geübten Blick auf das Rad und den Fahrer werfen kann. Alexander Kraft vom Hersteller HP Velotechnik empfiehlt jedoch, die Länge des Auslegers ca. alle drei Monate minimal zu verändern: „Dadurch werden die Gelenke und Muskeln unterschiedlich beansprucht und nebenbei eventuell eine noch komfortablere sowie effizientere Sitzposition erreicht.“

Zur Einstellung der Beinlänge muss man den Tretlagerausleger, also den vorderen Teil des Rahmens, an dem die Tretkurbel befestigt ist, verschieben. Im ersten Schritt sind die Schrauben mit einem Inbusschlüssel zu lösen. Anschließend kann der Tretlagerausleger unter leichten Drehbewegungen herausgezogen oder hineingeschoben werden. Damit die gespannte Kette das Herausziehen nicht behindert, sollte zuvor auf das kleinste Ritzel und Kettenblatt geschaltet werden. „Außerdem können die Kurbeln beim Herausziehen etwas rückwärts gedreht werden“, rät Kraft.

Wenn sich die Ferse auf dem Pedal in vorderster Position befindet, sollte das Bein durchgestreckt sein. In der Idealposition befindet sich der Ballen über der Pedalachse. Wie beim herkömmlichen Fahrrad darf das Bein in der vordersten Position der Tretkurbel nicht maximal durchgestreckt sein. „Erfahrungsgemäß wird jedoch das Liegerad etwas größer eingestellt als das aufrechte Fahrrad“, so Kraft. Damit der Ausleger richtig steht, ist die Markierung zu beachten – ebenso der Maximalauszug. Zur Vereinfachung hat HP Velotechnik eine spezielle Skalierung angebracht, auf der man die richtige Positionierung einfach ablesen kann. Zum Abschluss sind die Schrauben am Rahmen abwechselnd wieder festzuziehen. Am besten nutzt man einen Drehmomentschlüssel und stellt 14 bis 16 Newtonmeter ein. „Werden die Schrauben zu fest angezogen, können Schäden am Rahmen entstehen“, warnt Kraft.

 

An manchen Modellen sind anstatt Schrauben Schnellspanner zu finden. Das sorgt für eine schnelle und werkzeuglose Anpassung der Beinlänge, etwa bei mehreren Nutzern. Um die Kette gleich mit passend einzustellen, bietet HP Velotechnik optional eine Rahmenschnellverstellung an. Diese sorgt dafür, dass die Kette automatisch in der Länge angepasst wird. Ein Liegeradsitz kann aber noch anderweitig eingestellt werden und ermöglicht ohne großen Aufwand eine ergonomische Individualität bis ins kleinste Detail. „Je nach Radmodell und Sitz können zusätzlich die Sitzhöhe, die Neigung oder gar einzelne Sitzpolster verstellt werden. So findet jeder Fahrer unter einer Vielzahl an Sitzpositionen diejenige, bei der er sich am wohlsten fühlt“, meint Fachmann Kraft.