Eurobike 2026: Radikale Kur oder riskanter Kurswechsel für die Leitmesse?

Eurobike 2026: Neukonzeption zur Stärkung der Leitmesse – kompakter, fokussierter, wirtschaftlicher ©Eurobike
Eurobike 2026: Neukonzeption zur Stärkung der Leitmesse – kompakter, fokussierter, wirtschaftlicher ©Eurobike

Die Fahrradbranche steht unter Druck. Nach Jahren des Booms sind die Lager voll, die Nachfrage gedämpft und der Kostendruck allgegenwärtig. In diesem angespannten Umfeld reagiert die Fairnamic GmbH mit einer umfassenden Neukonzeption der Eurobike 2026. Das Versprechen: kompakter, fokussierter, wirtschaftlicher. Doch ist dieser radikale Kurswechsel die dringend benötigte Heilkur oder birgt er neue Risiken für die Position der Leitmesse?

Die Ausgangslage: Probleme der Eurobike 2025

Die Probleme der Eurobike 2025 – und der vorangegangenen Ausgaben – waren für viele Branchenteilnehmer offensichtlich, auch wenn sie selten explizit benannt wurden. Eine zu lange Messedauer, hohe Standkosten und ein verwässerter Fokus durch den Endkonsumenten-Sonntag führten dazu, dass sich immer mehr Aussteller, insbesondere große Marken, zurückzogen oder ihre Präsenz drastisch reduzierten. Die Effizienz der Messe als reine B2B-Plattform litt spürbar, und die Investition rechnete sich für viele nicht mehr.

 

Die angekündigten Maßnahmen und ihre Ziele

Die für 2026 angekündigten Maßnahmen sind eine direkte Antwort auf diese Schmerzpunkte. Die Messedauer wird verkürzt auf vier Tage (Mittwoch bis Samstag) und der Wegfall des „kostentreibenden“ Messesonntags sind ein klares Signal zur Kostenreduktion. Die Re-Fokussierung auf das B2B-Segment von Mittwoch bis Freitag, ergänzt durch die Reaktivierung des „Retail First“-Einladungssystems, soll den Fachhandel gezielter ansprechen und die Effizienz für Aussteller steigern. Neue, „fair kalkulierte All-Inklusive-Teilnahme-Formate“ sollen zudem den Wiedereinstieg für zögerliche Marken erleichtern. Dies alles klingt nach einer pragmatischen und notwendigen Anpassung an die Realitäten des Marktes.

 

Stefan Reisingers Perspektive und ihre Bewertung

Fairnamic-Geschäftsführer Stefan Reisinger betont: „Wir wissen um die aktuellen Herausforderungen in der Branche und nehmen diese sehr ernst. Der Kostendruck ist überall hoch, und mit der verkürzten Laufzeit, angepassten Beteiligungskonditionen und fair kalkulierten All-Inklusive-Teilnahme-Formaten bieten wir der Branche die Chance, die Eurobike zusammen als starke Innovations- und Highlight-Plattform nachhaltig zu positionieren.“ Reisingers Worte klingen entschlossen und versprechen eine dringend benötigte Entlastung für die Aussteller. Die Betonung der „Chance“ und der „nachhaltigen Positionierung“ deutet auf den Wunsch hin, die Messe als unverzichtbaren Impulsgeber zu etablieren.

Er fügt hinzu: „Der Wunsch nach einem internationalen Branchengipfel in Europa ist allgegenwärtig und die Eurobike ist der zentrale Impulsgeber zur Marktstimulierung.“ Dies ist eine starke Positionierung, die den Anspruch unterstreicht, die Eurobike als das Herzstück der europäischen Fahrradbranche zu erhalten. Die Aussage, man stehe „bereit für das gemeinsame Projekt, die Branche standesgemäß, selbstbewusst und mit einem starken Fokus auf den europäischen Markt abzubilden“, klingt nach einem Appell an die Solidarität der Branche.

 

Doch bei aller Zuversicht und den verständlichen Bemühungen um Kostenoptimierung muss man Reisingers Aussagen auch kritisch hinterfragen. Der „Wunsch nach einem internationalen Branchengipfel“ mag allgegenwärtig sein, doch die Realität der letzten Jahre zeigte, dass dieser Wunsch nicht immer in konkrete Ausstellerpräsenz mündete. Die „Chance“ zur Positionierung muss von den Marken auch ergriffen werden können, und hier spielen nicht nur die Kosten, sondern auch der wahrgenommene Return on Investment eine Rolle.

 

Die „fair kalkulierten All-Inklusive-Teilnahme-Formate“ sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber ob sie ausreichen, um das Vertrauen aller Akteure zurückzugewinnen, die zuletzt auf eine eigene Teilnahme verzichtet hatten, bleibt abzuwarten. Der Fokus auf den europäischen Markt ist zwar strategisch sinnvoll, könnte aber die globale Reichweite der Messe potenziell einschränken, auch wenn Reisinger betont, dass alle internationalen Player willkommen sind.

 

Thematische Neuausrichtung: Eurobike und Mobifuture

Auch die thematische Trennung in die klassische Eurobike (Fahrrad/Pedelec) und die neue, co-locierte Mobifuture (E-Scooter, Microcars, Lastenfahrzeuge etc.) verspricht eine schärfere Profilierung. Die Eurobike kann sich so auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, während Mobifuture das wachsende Segment der „Ecomobility“ abbildet. Dies könnte zu einer höheren Fachlichkeit und Relevanz für spezifische Zielgruppen führen.

 

Potenziale und Risiken der Neukonzeption

Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Der Verzicht auf den dedizierten Endkonsumenten-Sonntag ist zwar wirtschaftlich nachvollziehbar, birgt aber das Risiko, die Eurobike ihrer öffentlichen Strahlkraft zu berauben. Der „Festival Day“ am Samstag mag ein Ersatz sein, doch ob er die gleiche breite Publikumswirkung und damit Markenpräsenz erzielen kann und es bleibt abzuwarten, ob der am 28.06.2026 stattfindende Ironman in Frankfurt zusätzliche Aufmerksamkeit bindet. Die Messe verliert damit einen wichtigen Touchpoint zum Endverbraucher, der für die Markenbildung und die allgemeine Begeisterung für das Fahrrad essenziell sein kann.

 

Die thematische Aufspaltung in Eurobike und Mobifuture, so logisch sie auf dem Papier erscheint, könnte zudem zu einer ungewollten Fragmentierung führen. Auch wenn beide mit einem Ticket zugänglich sind, besteht die Gefahr, dass die Besucherströme sich zu stark trennen und die gewünschten Synergien nicht voll ausgeschöpft werden. Die klare Abgrenzung kann auch als Zerstückelung des Gesamtbildes wahrgenommen werden.

 

Fazit

Die Neukonzeption der Eurobike 2026 ist ein mutiger und in Teilen notwendiger Schritt, um die Leitmesse in schwierigen Zeiten zu stabilisieren. Die Fokussierung auf Wirtschaftlichkeit und B2B-Effizienz ist der richtige Ansatz, um Aussteller zurückzugewinnen. Das Risiko liegt jedoch darin, die Balance zwischen Fachlichkeit und der für eine Leitmesse wichtigen Breitenwirkung zu verlieren. Ob die Eurobike 2026 tatsächlich kompakter, fokussierter und wirtschaftlicher wird und gleichzeitig ihre Rolle als „global wichtigster Treffpunkt“ festigen kann, wird sich erst in der Umsetzung zeigen. Die Branche blickt gespannt nach Frankfurt.

 

Weitere Informationen unter www.eurobike.com und https://eurobike.com/frankfurt/de/mobifuture.html

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