
Ein tragischer Unfall in Großbritannien hat die Diskussion um die Sicherheit von Fahrradgabeln neu entfacht. Ein Radfahrer erlitt nach dem Bruch einer Carbongabel an seinem Gravelbike des Herstellers Planet X eine Querschnittslähmung und erhielt kürzlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 5,3 Millionen Euro. Der Unfall ereignete sich bei einem unspektakulären Geländeeinsatz.
Auch ein aktueller Rückruf des belgischen Herstellers Ellio verdeutlicht das gravierende Risiko: Bei den Max-Modellen der S-Pedelecs mit 27,5-Zoll-Laufrädern kam es zu spontanen Gabelbrüchen. Dies macht einen großflächigen Austausch von 926 Fahrzeugen, die zwischen August 2023 und Juni 2025 produziert wurden, erforderlich. Die mangelhafte CroMo-Gabel wird nun durch ein stabileres Modell ersetzt; bei neu produzierten S-Pedelecs ist die optimierte Gabel bereits verbaut. Fahrzeuge mit 20-Zoll-Laufrädern sind von diesem Problem nicht betroffen.
Normen greifen zu kurz
„Die Prüfstandards hinken dem technischen Fortschritt und den realen Einsatzbedingungen oft hinterher“, erklärt Ernst Brust, öffentlich bestellter Sachverständiger für Mikromobilität. Während Fahrräder nach der ISO 4210 geprüft werden, greift bei S-Pedelecs (bis 45 km/h) die EU-Verordnung 168/2013. Jedoch enthält diese Verordnung keine expliziten Vorgaben für hochbelastete Gabeln bei mehrspurigen oder schwer beladenen Fahrzeugen.
Besonders eklatant ist das Problem bei Gravelbikes: Diese vereinen hohe Geschwindigkeit mit Gelände- und Reisezweck. Trotzdem gibt es keine eigenständige Prüfkategorie für Gravelbikes; Hersteller ordnen sie oft als Trekkingräder ein, was zu unzureichender Belastungsprüfung führen kann.
Bekannte Fälle von Gabelbrüchen
Die Problematik ist nicht neu, wie weitere Fälle zeigen:
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Canyon rief 2021 Tausende Fahrräder wegen gefährlicher Gabelverformung zurück.
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All-City Cycles, Focus, Specialized und andere meldeten strukturelle Risse an Carbongabeln bei normalem Gebrauch.
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Ellio meldet nun erstmals Gabelbrüche bei S-Pedelecs – einer Fahrzeugklasse mit besonders hoher kinetischer Energie.
Forderung: Produktsicherheit nach Auslobung prüfen
„Wenn ein Fahrrad oder S-Pedelec für Offroad, Langstrecke oder hohe Zuladung beworben wird, muss es als vollständiges System geprüft werden – nicht nur nach Minimalstandards für Einzelteile“, betont Brust. Eine „Bikepacking-ready“- oder „Urban SUV“-Auslobung ohne entsprechende Systemprüfung ist aus seiner Sicht verbrauchertäuschend und haftungsrelevant.
Quelle: www.velotech.de – Ernst Brust

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