Drehmomentangaben bei Pedelecs: Mehr als nur eine Zahl – Warum Klarheit entscheidend ist

Drehmomentangaben bei Pedelecs (EPAC) ©velotech.de
Drehmomentangaben bei Pedelecs (EPAC) ©velotech.de

Beim Kauf eines Pedelecs (EPAC) stehen Faktoren wie Reichweite und Gewicht oft im Vordergrund. Doch ein Merkmal, das zunehmend die Aufmerksamkeit von Käufern auf sich zieht und intensiv beworben wird, ist das Drehmoment. 

Während viele Hersteller und Händler mit imposanten Zahlen werben, offenbart sich bei genauerer Betrachtung eine komplexere Realität: Nicht jede angepriesene Drehmomentangabe ist technisch fundiert oder rechtlich unbedenklich. Entscheidend ist, wo diese Kraft tatsächlich wirkt – und ob der Kunde daraus einen realistischen Fahrnutzen ableiten kann.

 

 

Die Tücke der Werbeaussagen: Motordrehmoment vs. Hinterraddrehmoment

 

In unzähligen Prospekten und Onlineshops finden sich Formulierungen wie „85 Nm Drehmoment“, oft ohne präzisere Erläuterung. Für den Verbraucher bleibt unklar, ob sich diese Angabe auf das Motordrehmoment (gemessen am Tretlager bei Mittelmotoren) oder das effektive Drehmoment am Hinterrad bezieht. Diese Ungenauigkeit kann Konsumenten täuschen, insbesondere wenn sie versuchen, verschiedene Pedelec-Systeme miteinander zu vergleichen, etwa solche mit Mittelmotor gegenüber Hinterradnabenmotor.

 

Ernst Brust, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Mikromobilität, weist auf einen entscheidenden physikalischen Unterschied hin: „Beim Mittelmotor wird das Drehmoment durch die Fahrradübersetzung vervielfacht – beim Hinterradmotor nicht. Wer diese physikalische Tatsache in der Werbung unterschlägt, bewegt sich rechtlich auf dünnem Eis.“

 

 

Rechtliche Grauzone: Irreführende Werbung und Wettbewerbsrecht

 

Die rechtliche Lage ist klar: Gemäß § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist jede Werbeaussage unzulässig, die über wesentliche Produkteigenschaften irreführt. Beim Pedelec zählt dazu unzweifelhaft die technische Leistung des Motors, vorwiegend hinsichtlich seiner Kraftentfaltung. Eine intransparente Kommunikation des Drehmoments kann hier als irreführend eingestuft werden und hat nicht nur das Potenzial, Kunden zu enttäuschen, sondern auch rechtliche Konsequenzen für Hersteller und Händler nach sich zu ziehen.

 

 

Transparenz schafft Vertrauen: empfohlene Formulierungen

 

Um Missverständnissen vorzubeugen und die Rechtssicherheit zu gewährleisten, sind klare und technisch korrekte Formulierungen unerlässlich. Ernst Brust empfiehlt folgende präzise Angaben:

  • Für Mittelmotoren: „Max. 85 Nm Motordrehmoment (Tretlager); effektives Drehmoment am Hinterrad abhängig von Übersetzung und Fahrerleistung.“

  • Für Hinterradmotoren: „Max. 45 Nm direkt an der Hinterradnabe; unabhängig von der Gangwahl.“

Diese Beispiele zeigen, wie mit einfachen, aber präzisen Zusätzen eine maximale Transparenz geschaffen werden kann, die sowohl den technischen Realitäten entspricht als auch dem Verbraucher eine fundierte Kaufentscheidung ermöglicht.

 

 

Fazit: Klare Kommunikation ist Pflicht

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Drehmomentangaben bei Pedelecs müssen klar, transparent und technisch korrekt kommuniziert werden. Wer mit Leistungswerten wirbt, ohne den genauen Wirkungsbereich zu erklären, riskiert nicht nur die Enttäuschung seiner Kunden, sondern auch empfindliche rechtliche Beanstandungen. Eine offene und ehrliche Kommunikation stärkt das Vertrauen der Verbraucher und trägt zu einem fairen Wettbewerb in der schnell wachsenden E-Bike-Branche bei.


Quelle: www.velotech.de – Ernst Brust

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