Kurz bevor die Lichter der Eurobike 2025 erloschen, war eines klar: Eine der eindrucksvollsten Erfahrungen fand abseits der großen Messebühnen statt. Ausgewählte Aussteller aus Taiwan boten an ihren Ständen exklusive Einblicke in Taiwans Fahrradindustrie – und in ein Land, das sich vom OEM-Standort zum Innovationstreiber entwickelt hat.
Heute steht Taiwan für ein vernetztes Ökosystem aus Hightech, Nachhaltigkeit und smarter Mobilität – nicht umsonst gilt es als „Silicon Valley der Fahrradwelt“.
Mehr als nur Giant
Mit Giant – dem weltweit größten Fahrradhersteller und OEM-Partner zahlloser Marken – hat Taiwan eine globale Größe hervorgebracht. Doch die eigentliche Geschichte beginnt bei den mittelständischen Unternehmen, die Innovation abseits des Rampenlichts vorantreiben. Ihre Lösungen zeigten ein Taiwan jenseits der bekannten Marken – agil, kreativ und zukunftsgerichtet.
Den Anfang machte ein Unternehmen, das auf den ersten Blick aus der Zeit gefallen schien: Chic Ching Chern präsentierte Schutzbleche aus Stahl und echtem Holz. Doch schnell wurde klar, dass klassische Materialien neue Geschichten erzählen können, wenn sie mit Präzision und Designbewusstsein verarbeitet werden. „So etwas würde man gerne öfter im urbanen Alltag sehen“, meinte ein Einkäufer, während er prüfend über die Maserung strich.
Ganz anders – und doch genauso zukunftsorientiert – präsentierte sich Litz.Mo. Ihre ultraleichten Carbonkomponenten überzeugten nicht nur durch ihr Gewicht, sondern durch digitale Intelligenz. Eine begleitende App erfasst Tourendaten in Echtzeit, GPS-Tracking inklusive. „Unsere Technologie soll begleiten, nicht dominieren“, erklärte Karen Hsieh, Project Manager bei Litz.Mo. Der Fokus lag klar auf Nutzerfreundlichkeit – smart, aber nicht überladen.
Wo Technik auf Emotion trifft
Für viele ein echtes Aha-Erlebnis: das E-Cargo-Bike von Nexcellent Energy. Der Antrieb? Wasserstoff. Die Emissionen? Reiner Wasserdampf. Statt Ladezeit gibt es einen simplen Flaschenwechsel – praktisch, sauber, zukunftsweisend. Der Ansatz wurde selbst von technikskeptischen Besuchern als „überraschend alltagstauglich“ gelobt.
HaoTing wiederum brachte mit dem „BIKNIKS“ ein ungewöhnliches Konzept ins Rollen – ein zusammenklappbares E-Bike mit integriertem Picknickkorb. Klingt skurril, funktionierte aber. Die Reaktionen reichten von Schmunzeln bis zu ehrlichem Interesse: Denn urbane Mobilität darf auch emotional sein – und manchmal beginnt Innovation mit einem Augenzwinkern.
Details, die den Unterschied machen
Manchmal sind es die kleinen Ideen, die große Wirkung entfalten. Yee Jee etwa nutzt Fasern aus Ananasblättern für ein Reifendichtmittel – ein nachhaltiger Kniff, der zeigt, wie viel Potenzial im Materialdenken steckt. Und bei The Legion Engineering bewies ein neues, in die Felge integriertes Ventilsystem, dass auch Aerodynamik und Wartungsfreundlichkeit Hand in Hand gehen können.
Roxim widmete sich einem Thema, das im Alltag entscheidend ist, aber selten im Mittelpunkt steht: Sicherheit. Ihre adaptiven Frontlichter und SOS-Rücklichter zeigten, wie moderne Lichttechnik dazu beitragen kann, Leben zu retten.
Fazit: Taiwan denkt Mobilität weiter
„Innovation ist in Taiwan Alltag“, so brachte es Alex Lee vom Cycling & Health Tech Industry R&D Center (CHC) auf den Punkt. Die enge Zusammenarbeit von Industrie, Forschung und Staat – das „Iron Triangle“ – wurde bei jedem Aussteller spürbar. Nicht als PR-Floskel, sondern als gelebte Realität.
Dieser Rundgang war mehr als ein Messebesuch – er war eine Reise durch Ideen. Taiwan präsentierte sich als Partner für die Mobilität von morgen: smart, nachhaltig und überraschend menschlich.
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