
Mit der EU-Batterieverordnung (EU) 2023/1542 ist seit August 2023 ein neuer europäischer Rechtsrahmen für die Rücknahme und das Recycling von Batterien in Kraft. Ziel ist es, über alle Batteriearten hinweg – von Industriebatterien bis zu Gerätebatterien – hohe Umweltstandards, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und einheitliche Herstellerverantwortung zu gewährleisten. Die nationale Umsetzung in Deutschland jedoch stockt: Der entsprechende Gesetzentwurf (BattDG) konnte in der letzten Legislaturperiode nicht verabschiedet werden, sodass aktuell eine rechtlich unklare Übergangsphase besteht.
Diese Situation bleibt nicht ohne Folgen – insbesondere dann, wenn Rückrufe sicherheitsrelevanter Komponenten wie Lithium-Ionen-Akkus stattfinden, wie aktuell beim Fahrradhersteller Canyon. Betroffene Endverbraucher erhalten hier zwar die Aufforderung zur Rückgabe ihrer Akkus – doch vielerorts scheitert die Rückgabe an der Praxis: Die Rücknahme an öffentlichen Wertstoffhöfen ist nicht flächendeckend möglich, Rücknahmestellen verweisen auf fehlende Zuständigkeit oder logistische Anforderungen, die nicht erfüllt werden können.
Grund hierfür sind strukturelle Lücken: Rücknahmesysteme, die bislang nach dem Batteriegesetz zugelassen waren, befinden sich in einer Art „Rechtsluftleere“. Zwar existieren Übergangsregelungen – etwa zur Sicherheitsleistung oder zur Registrierung – doch diese sind weder konsolidiert noch bundesweit einheitlich vollziehbar. Die Stiftung EAR als zuständige Stelle für Herstellerregistrierung kann mangels gesetzlicher Grundlage keine neuen Regelungen anwenden. Gleichzeitig existiert keine zentrale Anlaufstelle für Rückrufe, die die Koordination zwischen Herstellern, Rücknahmesystemen, Sammelstellen und Behörden übernehmen könnte.
Mehrere Rücknahmesysteme sowie Branchenverbände wie der ZVEI, der BVES oder der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) fordern daher in einem aktuellen Schreiben an das BMUV die zügige Einrichtung einer „Gemeinsamen Herstellerstelle“. Diese sollte gesetzlich verankert werden und den Vollzug der Herstellerverantwortung im Sinne der EU-Verordnung strukturieren. Ohne eine solche Koordination drohen laut Branchenakteuren sowohl ein Vollzugschaos als auch eine massive Überforderung der kommunalen Sammelstellen.
Der Fall Canyon* bringt die Problematik auf den Punkt: Rücknahmesysteme dürfen defekte Akkus ohne neue Genehmigung nicht uneingeschränkt zurücknehmen, Verbraucher finden keine zuverlässige Rückgabemöglichkeit, Hersteller geraten in Erklärungsnot. Was bleibt, ist eine gefährliche Lücke – nicht nur in der Logistik, sondern auch in der Verantwortungskette.
Mit dem geplanten Branchengespräch zwischen BMUV, Rücknahmesystemen und Industrieverbänden besteht nun die Chance, offene Punkte zu klären und die Grundlagen für einen handhabbaren Übergang in das neue Recht zu schaffen. Für die Fahrradindustrie bleibt zu hoffen, dass diese Gelegenheit genutzt wird – denn die EU-Verordnung verpflichtet nicht nur zur Kreislaufwirtschaft, sondern auch zur Rücknahmepraxis. Und die muss auch im Alltag der Verbraucher funktionieren.
*Randnotiz:
Rückruf Canyon: Was ist betroffen?
Canyon ruft aktuell Akkus mit möglichen Sicherheitsrisiken (Brandgefahr) aus mehreren Modellreihen zurück. Verbraucher sollen die betroffenen Akkus nicht mehr nutzen, doch vielerorts fehlt es an einer klaren Rückgabemöglichkeit.
Quelle: www.velotech.de - Ernst Brust