Von Haus aus ist Joachim Fiedler eigentlich Musiker - auf die Idee, einen Verschluss zu entwickeln, der sich leicht mit einer Hand lösen lässt, brachte ihn die unpraktische Halterung seines Cellobogens. Seine magnetisch-mechanischen Verschlüsse begegnen uns mittlerweile in Dutzenden von Produkten, mit denen wir tagtäglich zu tun haben - vom Fahrradhelm bis zum Autositz.
Das Europäische Patentamt (EPA) gibt bekannt, dass der deutsche Erfinder und Cellist Joachim Fiedler für die Entwicklung einzigartiger Verschlüsse, die Magnete mit einem mechanischen Schließmechanismus kombinieren und sich leicht mit einer Hand öffnen lassen, für den Europäischen Erfinderpreis 2022 nominiert wurde.
- Deutscher Erfinder Joachim Fiedler für Preis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert für seine einzigartigen Verschlüsse, die Magnete mit mechanischer Verriegelung kombinieren
- Fiedlers Verschlüsse verfügen über zwei spezielle Enden, die sicher einrasten und leicht mit nur einer Hand geöffnet werden können
- Seine Verschlüsse werden mittlerweile in vielen Produkten verwendet, von Fahrradhelmen über Taschen- und Schuhverschlüsse bis hin zu Brustgurtclips in Kinderautositzen
Der Wunsch, seinen Cellobogen mit einer Hand aus dem Koffer zu holen und zu halten, während das Instrument in der anderen Hand lag, war, was Fiedler dazu brachte, den Einhandverschluss zu erfinden. Heute werden seine magnetisch-mechanischen Verschlüsse häufig benutzt, um Alltagsprobleme zu beseitigen. Die Verschlüsse finden sich in einer Vielzahl von Produkten, von Taschen und Schuhen bis hin zu Motorradhelmschnallen, die sogar hohen statischen Belastungen standhalten. Besonders gefragt sind Fiedlers Verschlüsse in der Fahrradindustrie, wo sie für leicht zu öffnende Helmschnallen und die Befestigung von Wasserfalschen und Handys am Fahrrad eingesetzt werden.
„Joachim Fiedler ist ein erfolgreicher Erfinder, dessen Erfindungsreichtum bei der Lösung eines scheinbar einfachen Problems in seinem eigenen Leben dazu geführt hat, dass er ein sehr erfolgreiches Unternehmen gründete“, sagte EPA-Präsident António Campinos, bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2022. „Seine Verbindungselemente werden weltweit eingesetzt. Wegen der starken Nachfrage nach neuen intelligenten Lösungen arbeiten Fiedler und sein Team ständig daran, ihr Portfolio an geistigem Eigentum zu erneuern und zu erweitern.“
Fiedler ist einer von vier Finalisten in der Kategorie “KMU”, mit welcher herausragende Erfinder in kleinen Unternehmen mit weniger als 250 Angestellten und einem Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro ausgezeichnet werden. Die Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2022 werden im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung am 21. Juni bekannt gegeben.
Ein Dreh, um alltägliche Befestigungsprobleme zu lösen
Vom ehemaligen professionellen Cellisten wandelte sich Fiedler zum Erfinder einer ganzen Reihe von Innovationen. Seine erste Idee entwickelte er bereits im Alter von 16 Jahren: ein Gurtsystem, mit dem er während der Fahrradfahrt zum Musikunterricht sein Instrument auf dem Rücken tragen konnte. Seinen ersten Verschluss, eine magnetische Bogenklammer mit mechanischer Verriegelung, die sich einfach mit einer Hand öffnen und schließen lässt, entwickelte er, um die unpraktische Konstruktion des Bogenhalters im Cellokoffer zu umgehen. Denn ältere Etuis verwendeten als Verriegelungsmechanismus einen Bolzen, der zwar mit einer Hand geöffnet, aber nur mit zwei Händen geschlossen werden konnte.
2003 gab Fiedler seine Karriere als Cellist auf, um sich auf seine unternehmerischen Tätigkeiten zu konzentrieren. Bereits im folgenden Jahr ließ er seinen magnetischen Bogenhalter patentieren und gründete 2007 das Unternehmen Fidlock, um die Befestigungselemente weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Heute lässt sich jede Art von Verschluss durch eine bestimmte Bewegung öffnen, etwa durch Drehen, Schieben oder Verdrehen der Teile. Dadurch wird die Position der Magnete so verändert, dass diese einander abstoßen oder zumindest eine geringere magnetische Anziehung haben. So sind dann beide Teile leicht mit einer Hand trennbar – ein wesentliches Merkmal von Fiedlers Verschlüssen.
„Das erste Problem bestand darin, eine Schließvorrichtung zu entwerfen, die mit einer Hand benutzbar war und sich bequem öffnen und schließen ließ”, sagte Fiedler. „Das ist immer die Herausforderung bei Fidlock und sozusagen die DNA unserer Erfindungen.”
Die Verschlüsse sind heute in zahlreichen Produkten mit einer breiten Palette von Verwendungszwecken zu finden wie zum Beispiel Campingausrüstung, die Sicherung von Gegenständen in Flugzeugküchen, medizinische Produkte, Orthesen, Arbeitskleidung, Sport- und Outdoor-Produkte und sekundäre Kindersicherheitsschnallen in Autositzen und Kinderwagen. Kamera- und Mobiltelefonbefestigungen sind ein wachsender Markt, doch Fiedler sagt, dass das Unternehmen das größte Wachstumspotenzial im Fahrradmarkt sieht, wo die Covid-19-Pandemie und ein stärkeres Umweltbewusstsein die Nachfrage antreiben. „Das ist es, worauf wir uns bei Innovationen und der Entwicklung neuer Produkte konzentrieren“, sagt Fiedler.
Fidlock besitzt ein wachsendes Patentportfolio, das 64 genehmigte Patentfamilien mit Hunderten von Einzelpatenten in über zehn Ländern umfasst. Das Unternehmen erzielte 2021 einen Umsatz von 28 Millionen Euro. Obwohl es seine Produkte international verkauft, bleibt Deutschland der stärkste Markt, gefolgt von den USA und Europa.
Über den Erfinder
Joachim Fiedler wurde 1967 in Kassel, Deutschland, geboren. Er studierte an der Universität der Künste in Berlin und arbeitete als professioneller Cellist in verschiedenen Orchestern und Ensembles. Im Jahr 2004 patentierte er seinen ersten Verschluss – eine magnetische Bogenklammer – und gründete 2007 die Fidlock GmbH, um seine magnetisch-mechanische Verschlüsse weiterzuentwickeln. Er ist seit der Gründung des Unternehmens geschäftsführender Gesellschafter und gründete 2020 eine chinesische Tochtergesellschaft. Heute lebt er mit seiner Frau und zwei Kindern in Hannover, wo auch der Hauptsitz des Unternehmens liegt.
Fiedler ist als Erfinder in folgenden europäischen Patenten genannt: EP2040572B1 (genehmigt 2012), EP2389084B1 (genehmigt 2017), EP2782468B1 (genehmigt 2016), EP2833754B1 (genehmigt 2016), EP2825075B1 (genehmigt 2016).
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt Einzelpersonen und Teams, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die sich aus früheren Finalisten des Preises zusammensetzt. Gemeinsam prüfen sie die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur sozialen und nachhaltigen Entwicklung und zum wirtschaftlichen Wohlstand. Das EPA verleiht den Preis in vier Kategorien (Industrie, Forschung, KMU und Nicht-EPO-Staaten) und wird darüber hinaus am 21. Juni im Rahmen einer virtuellen Zeremonie einen Preis für das Lebenswerk ausloben. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 13 Finalisten über ein Online-Voting auf der Webseite es EPA ermittelt. Die Stimmenabgabe ist bis zum 21. Juni 2022 möglich. Lesen Sie mehr über die Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Europäischen Erfinderpreis.
In diesem Jahr wird das EPA zum ersten Mal auch den Young Inventors prize vergeben. Der neue Preis für junge Menschen unter 30 ist mit einer Geldprämie für die drei Finalisten dotiert, um sie weiter zu ermutigen, kreative Lösungen für drängende Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu finden.
Über das EPA
Mit 6 400 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.