„Radlland Bayern“ fährt nur hinterher

Der Freistaat wird für Radfahrende immer unfreundlicher. Das zeigen die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests 2018 des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Zu den deutschlandweit 18 Spitzenreitern zählt aus Bayern nur Erlangen. Der Freistaat hat sich insgesamt nicht weiterentwickelt, sondern folgt dem bundesweiten Trend, nach dem die Zufriedenheit der Radfahrerinnen und Radfahrer weiter gesunken ist. 

Insbesondere das Sicherheitsgefühl beim Radfahren hat weiter abgenommen. Der Fahrradclub ADFC startet deshalb eine bundesweite Kampagne #MehrPlatzFürsRad und fordert mehr Platz und Qualität für den Radverkehr.


München, 09. April 2019 –

Die fahrradfreundlichsten Städte Bayerns sind laut ADFC-Fahrradklima-Test 2018

im Vergleich zur Befragung von 2016:

 

Über 500.000 Einwohner (Gruppe 1) – neue Größenklasse![1]

Bestplatzierte bayerische Städte:

 

·         München

Note 3,99, Platz 6 von 14 bundesweit, leicht verschlechtert, 2016: Platz 13 von 39, 2018 (bei gleicher Größenklasse wie 2016): Platz 16 von 39

 

·         Nürnberg

Note 4,20, Platz 7 von 14 bundesweit, relativ konstant, 2016: Platz 24 von 39, 2018 (bei gleicher Größenklasse wie 2016): Platz 24 von 39

 

 

200.000 – 500.000 Einwohner (Gruppe 2)

Bestplatzierte bayerische Stadt:

 

·         Augsburg

Note 3,91, Platz 6 von 25 bundesweit, leicht verschlechtert, 2016: Platz 11 von 39, 2018 (bei gleicher Größenklasse wie 2016): Platz 9 von 39

                                                                                                                                                       

 

100.000 – 200.000 Einwohner (Gruppe 3)

Bestplatzierte bayerische Stadt und Platz 2 bundesweit:

 

·         Erlangen

Note 3,39, Platz 2 von 41 bundesweit, relativ konstant, 2016: Platz 3 von 38

 

 

Weitere bayerische Städte:

 

·         Ingolstadt

Note 3,69, Platz 7 von 41 bundesweit, leicht verschlechtert, 2016: Platz 5 von 38

 

·         Regensburg

Note 3,96, Platz 13 von 41 bundesweit, leicht verschlechtert, 2016: Platz 10 von 38

 

·         Fürth

Note 4,00, Platz 18 von 41 bundesweit, relativ konstant, 2016: Platz 23 von 38

 

·         Würzburg

Note 4,32, Platz 31 von 41 bundesweit, relativ konstant, 2016: Platz 34 von 38       

                                                                                                                                                                                                             

50.000 – 100.000 Einwohner (Gruppe 4)

Bestplatzierte bayerische Stadt:

 

·         Aschaffenburg

Note 3,82, Platz 28 von 106 bundesweit, leicht verbessert, 2016: Platz 66 von 98

 

 

Weitere bayerische Städte in der Auswertung:

 

·         Landshut, Neu-Ulm, Bayreuth, Bamberg, Schweinfurt, Kempten, Rosenheim, Passau – entweder relativ konstant oder leicht verschlechtert 

 

 

20.000 – 50.000 Einwohner (Gruppe 5)

Bestplatzierte bayerische Stadt:

 

·         Memmingen               

Note 3,36, Platz 24 von 311 bundesweit, 2016: Platz 54 von 364,

2018 (bei gleicher Größenklasse wie 2016): Platz 54 von 497

 

 

20.000 Einwohner und weniger (Gruppe 6) – neue Größenklasse!

Bestplatzierte bayerische Stadt:

 

·         Gunzenhausen          

Note 2,82, Platz 10 von 186 bundesweit, 2016: Platz 13 von 364, 2018 (bei gleicher Größenklasse wie 2016): Platz 12 von 497

 

Unter die Top 3 der 18 fahrradfreundlichsten Städte in Deutschland schafft es aus Bayern allein Erlangen – und zwar in der Größenklassen 100.000 bis 200.000 Einwohner. 


Auch bei der Familienfreundlichkeit, die erstmals mit einer Zusatzbefragung ermittelt wurde, konnte aus Bayern nur Erlangen punkten. Die mittelfränkische Stadt sichert sich im Punkt Familienfreundlichkeit sogar den ersten Platz in ihrer Größenklasse, auf Platz sechs folgt Ingolstadt. München liegt in seiner Größenklasse (über 500.000 Einwohner) auf Platz fünf. Augsburg ist bei der Familienfreundlichkeit die einzige bayerische Stadt in seiner Größenklasse (200.000 – 500.000 Einwohner) und erreicht hier den zehnten Platz. 

 

Fahrradklima hat sich weiter verschlechtert

Das Fahrradklima, also die Zufriedenheit der Befragten beim Radfahren, hat sich nach Einschätzung der 170.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ADFC-Umfrage bundesweit weiter verschlechtert. 2014 wurde das Fahrradklima noch mit 3,7 bewertet, 2016 mit 3,8 – 2018 mit 3,9. Bernadette Felsch, Landesvorsitzenden des ADFC Bayern, sagt: „Die Radfahrenden geben ihren Städten und Gemeinden auch in Bayern im Gesamtergebnis kaum gute Noten. Im Regelfall reicht es nur für eine befriedigende oder gar ausreichende Bewertung – vor allem in puncto Sicherheit. Das ist alarmierend, denn angesichts von Umwelt-, Gesundheits- und Verkehrsproblemen sollten dringend mehr Menschen öfters aufs Rad steigen. Bei unattraktiven Rahmenbedingungen und der Angst vor Unfällen wird dies jedoch nicht passieren!“. 

 

Falschparker auf Radwegen sind ein immer größeres Problem

Bundesweit bemängeln Radfahrende den viel zu laschen Umgang mit Falschparkern auf Radwegen (Note 4,5). Auch die Führung des Radverkehrs an Baustellen wird besonders schlecht bewertet (Note 4,5). Ähnlich negativ beurteilt werden ungünstige Ampelschaltungen für Radfahrende (Note 4,4) und die fehlende Breite der Radwege (Note 4,4). 

 

Radverkehrsförderung lohnt sich, Nichtstun rächt sich

Eine systematische Förderung des Radverkehrs wird von den Radfahrenden honoriert und verbessert das Fahrradklima einer Stadt oder Gemeinde. So bewerten die Radler*innen in Aschaffenburg ihre Stadt bezüglich der Fahrradförderung in jüngster Zeit relativ gut (Note 3,1) und deutlich besser als noch 2016 (Note 4,0). Gunzenhausen erhält in puncto Fahrradförderung bayernweit die beste Note (2,0), Kulmbach die schlechteste (Note 5,3). Unter den Städten bis 100.000 Einwohner schneidet Rosenheim besonders schlecht ab (Note 4,8). Bernadette Felsch: „Die Ergebnisse des Fahrradklima-Test zeigen deutlich: Die Menschen beobachten sehr genau, ob es nachhaltige Anstrengungen für den Radverkehr gibt oder nicht. Aschaffenburg punktet beispielsweise mit der Umsetzung erster Maßnahmen seines Radverkehrskonzeptes. Hier wurde ein Radverkehrsbeauftragter eingestellt, eine Fahrradzählstelle eingerichtet, neue Fahrradstraßen eröffnet und dafür auch Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Rosenheim hingegen kann sich auf dem 2016 erbauten Radl-Parkhaus am Bahnhof nicht ausruhen, wenn gleichzeitig an vielen anderen Stellen nichts passiert.“ 

 

ADFC fordert #MehrPlatzFürsRad

Das Unsicherheitsgefühl der Radfahrenden und die Unzufriedenheit mit der Rad-Infrastruktur sind nach Überzeugung des ADFC der zentrale Grund, warum der Radverkehr nicht – wie politisch gewünscht – deutlich anwächst. Der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr liegt in Bayern aktuell bei elf Prozent. Mit dem „Radverkehrsprogram Bayern 2025“ hat sich die Staatsregierung das Ziel gesetzt, den Radverkehrsanteil bis 2025 auf 20 Prozent zu verdoppeln (zum Vergleich: In den Niederlanden beträgt der Radverkehrsanteil landesweit 30 Prozent!). Nach Auffassung des ADFC Bayern wird dieses Ziel verfehlt, wenn der Freistaat dafür keinen konkreten Maßnahmenplan aufstellt und nicht deutlich mehr Geld und Personal für den Radverkehr einstellt. Damit die Kommunen beim Radwegebau nicht allein gelassen werden, fordert der ADFC Bayern hier zudem deutlich mehr Unterstützung, z.B. in Form einer Beratungsagentur für die Schaffung von Abstellplätzen an Bahnhöfen. In allen bayerischen Kommunen wird die Mitnahme von Fahrrädern im ÖPNV kritisiert. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Darauf hat der ADFC Bayern im Rahmen seiner Forderungen nach einem Rad-Gesetz für Bayern deutlich hingewiesen. Ein Rad-Gesetz nach Berliner Vorbild soll einheitliche und verbindliche Vorgaben zu guten Radverkehrsanlagen machen. Für die Sicherheit ist vor allem mehr Platz erforderlich, denn die jetzigen Radwege sind längst viel zu eng für das gestiegene Radverkehrsaufkommen und die Vielfalt unterschiedlichster Fahrräder. Hierauf macht der ADFC mit der bundesweiten Mitmach-Kampagne #MehrPlatzFürsRad im 40. Jahr seines Bestehens aufmerksam und will mit temporären „ADFC-Radstreifen“ veranschaulichen, wie sichere Radwegen gestaltet sein müssen. Mehr Informationen auf www.mehrplatzfuersrad.de.   

 

Hintergrund zum ADFC-Fahrradklima-Test

Der ADFC-Fahrradklima-Test ist die größte Umfrage zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit. Im Herbst 2018 wurden bundesweit per Online-Umfrage 32 Fragen zur Fahrradfreundlichkeit gestellt - beispielsweise, ob das Radfahren Spaß oder Stress bedeutet, ob Radwege von Falschparkern freigehalten werden und ob sich das Radfahren auch für Familien mit Kindern sicher anfühlt. Mehr als 170.000 Bürgerinnen und Bürger haben bei diesem Durchgang mitgemacht und die Situation in 683 Städten und Gemeinden beurteilt. Nur 15 Prozent der Teilnehmenden sind ADFC-Mitglieder. Aus Bayern sind 86 bayerische Städte und Gemeinden mit insgesamt rund 4.400.000 Einwohnern in die Bewertung des Fahrradklima-Tests 2018 gekommen (2016: 67). Bayernweit haben 19.150 Menschen an der Umfrage teilgenommen. Am 9. April 2019 wird die Rangliste der fahrradfreundlichsten Städte in sechs Größenklassen vorgestellt. Städte haben durch die Einzelbewertungen die Möglichkeit, gezielt zu erfahren, wo es gut läuft – und wo es Verbesserungspotenzial bei der Fahrradfreundlichkeit gibt.  

 

Der Fahrradklima-Test findet zum achten Mal statt. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert den ADFC-Fahrradklima-Test 2018 aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP).

 

Sämtliche Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima-Tests 2018 gibt es auf www.fahrradklima-test.de/karte. Die Rangliste der fahrradfreundlichsten Städte finden Sie unter dem Reiter „Städteranking“. Die Ergebnisse einzelner Städte gibt es im PDF bei Zoom auf die Karte oder Eingabe des Stadtnamens.