Rad- und Wandertouren durch Brandenburgs Industriekultur

Wie entstehen aus Tagebauwüsten idyllische Seenlandschaften? Welche verträumte Kleinstadt war in den Goldenen Zwanzigern das Herz der europäischen Hutindustrie? Das und mehr erfahren Familien auf den Entdeckertouren des Touristischen Netzwerks Industriekultur in Brandenburg. 

Eine Familie unternimmt eine Radtour um das Besucherbergwerk F60. Foto: Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V., Nada Quenzel
Eine Familie unternimmt eine Radtour um das Besucherbergwerk F60. Foto: Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V., Nada Quenzel

Die redaktionell aufbereiteten Rad- und Wandertouren fassen alle wichtigen Informationen zu den Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke zusammen. Sie können von der Website des Netzwerks als Taschenführer kostenfrei heruntergeladen werden – darunter diese fünf Highlights für den Frühling.


Radtour: Rund um die IBA-Terrassen

Entlang des Großräschener Sees und ins Hinterland führt eine 22 Kilometer lange Radtour, auf der Familien erleben, wie sich ein ehemaliger Tagebau Stück für Stück in ein Urlaubsparadies verwandelt. Zwischen 1958 und 1999 förderten Bergarbeiter im hiesigen Tagebau Meuro über 300 Millionen Tonnen Braunkohle. Seit 2007 wird das Restloch geflutet und der Großräschener See entsteht. 

 

Erstes Highlight der Tour ist der Aussichtspunkt Victoriahöhe. Wo einst eine Brikettfabrik lärmte, schweift heute der Blick über eine riesige Wasserfläche und bleibt an einer filigranen Seebrücke hängen, die aus einem ausgedienten Tagebaugerät entstand. Weiter führt die Tour am Weinberg vorbei, wo Winzerfamilie Wobar seit bald zehn Jahren die Trauben für ihre preisgekrönten Weine erntet. Oberhalb des Weinberges laden die IBA-Terrassen mit Besucherzentrum ein. Eine kleine Ausstellung erzählt aus der Klinker- und Bergbauvergangenheit der Stadt Großräschen und illustriert die teilweise bereits Realität gewordene Zukunftsvision für den Standort. Im Bistro können Gäste den Großräschener Wein probieren. 

 

Weiter führt der Weg durch die ländliche Umgebung von Großräschen bis zur Holländerwindmühle in Dörrwalde. Kurz vor dem Ziel durchqueren Radfahrer den Ilsekanal, den mit 186 Metern längsten Binnen-Schiffstunnel Europas. Er wird den Großräschener mit dem Sedlitzer See verbinden.

 


Radtour: Rund um das Besucherbergwerk F60

Sie ist das Wahrzeichen des Lausitzer Seenlands, eine symbolische, monumentale Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft: Die stillgelegte und zum Besuchermagnet umfunktionierte Abraumförderbrücke F60. 500 Meter lang, 200 Meter breit, 80 Meter hoch und 11 000 Tonnen schwer: Es ist das größte bewegliche Arbeitsgerät der Welt. Kurz hinter dem Dorf Lichterfeld liegt der Stahlkoloss in der Landschaft. Eine Führung über die F60 gehört zum Pflichtprogramm im Lausitzer Seenland. 

 

Das Besucherbergwerk ist aber auch Startpunkt einer 13 Kilometer langen Radtour um den benachbarten Bergheider See, einem gefluteten Tagebau. Der Name des Sees erinnert an das verschwundene Dorf Bergheide, das 1987 dem Tagebau Klettwitz-Nord weichen musste. Nach Stilllegung des Tagebaus entstand durch Flutung der heutige See als beliebtes Naherholungsziel.

 

Auf dem Rundweg ergeben sich immer wieder Aussichten auf das angrenzende Naturparadies Grünhaus, das die Nabu-Stiftung pflegt. Im ehemaligen Tagebaugebiet haben Waldschnepfe, Haubenmeise und Baumpieper einen geschützten Rückzugsort gefunden. Zur Einkehr laden die nostalgische Wirtschaft „Griebners Gaststätte“ und, über einen Abstecher zu erreichen, das Schlosspark-Hotel Sallgast.

 


Radtour: Rund um die Biotürme Lauchhammer

Wie die Türme einer mittelalterlichen Burganlage ragen die gewaltigen Klinkersäulen westlich von Lauchhammer in den Himmel. Es ist eine der merkwürdigsten und für Uneingeweihte rätselhaftesten Stätten im Lausitzer Seenland  und Startpunkt einer 30 Kilometer langen Radtour zwischen Lauchhammer und Grünewalde. Eine Infotafel lüftet das Geheimnis der 24 Türme. Sie gehörten zu einer riesigen Kokerei, in der Braunkohle zu Hochtemperaturkoks verarbeitet wurde. Gästeführer, meist frühere Mitarbeiter, berichten jeden Sonntag von der einstigen Schwerstarbeit und begleiten Besucher zur Aussichtskanzel.

 

Weltbekannt wurde Lauchhammer durch den meisterhaften Eisenhohlguss, der hier seit 1784 perfektioniert wurde. Das Kunstgussmuseum und die Kunstgießerei bieten spannende Führungen für Familien an. Die Tour führt im Anschluss nach Grünewalde zum liebevoll gestalteten Mühlenhofmuseum. Der Sandstrand am Grünewalder Lauch, ein Tagebausee, ist ideal für ein Picknick. Zurück verläuft die Strecke durch den Wald wieder nach Lauchhammer.

 


Radtour: Rund um die Energiefabrik Knappenrode

Die letzte Schicht lief 1993, aber noch immer riecht es in der Energiefabrik Knappenrode nach Kohlenstaub und Maschinenöl. Das imposante Backsteingebäude mit seiner modernen Ausstellung ist das Herzstück einer 35 Kilometer langen Radtour durch die vom Bergbau geprägte Kulturlandschaft der sorbischen Heide von Hoyerswerda nach Schwarzkollm.

 

In der 2020 neu gestalteten Dauerausstellung erleben Besucher an interaktiven Medienstationen den spektakulären Landschaftswandel der Lausitz von den sorbischen Heidedörfern, über das Braunkohlerevier zum heutigen Urlaubsparadies. Ein besonderes Erlebnis ist der Gang durch die historische Fabrik. In Audiostationen kommen ehemalige Arbeiter zu Wort. Von der 26 Meter hohen Aussichtsplattform erhalten Besucher einen fantastischen Panoramablick über das Lausitzer Seenland. Das Museum ist mehrsprachig, barrierefrei und verfügt über Elektroladestationen für Fahrrad und PKW. Ziel der Radtour ist die Krabat-Mühle in Schwarzkollm, die über die Sagengestalt des Krabat und das Leben der Sorben in der Niederlausitz berichtet.

 


Wanderung: Stadtspaziergang Guben

Ohne Kopfbedeckung auf die Straße? Noch vor 100 Jahren galt das als geschmacklos. Die 1920er Jahre waren in Europa das Goldene Zeitalter des Hutes. Von der enormen Nachfrage profitierte ganz besonders das einst unbedeutende Städtchen Guben, das in der Gründerzeit zum Zentrum der europäischen Hutindustrie avancierte. Im Jahr 1927 fertigten hier über 7000 Arbeiter zehn Millionen Hüte und Stumpen für Deutschland und die Welt. Ein acht Kilometer langer Stadtspaziergang führt Familien auf die Spuren der Hutmacherei Wilke, mit der alles begann.

 

Carl Gottlob Wilke entwickelte 1854 den ersten Filzhut aus Schafwolle, der auch bei Regen und Schnee seine Form behielt. In der ehemaligen Hutfabrik, dem heutigen Stadt- und Industriemuseum, können sich Besucher über die Geschichte des Gubener Hutes informieren. Für Kinder spannend sind die echte Hutprobierstation und Virtual-Reality-Brillen, die alte Handwerkstechnik lebendig werden lässt. Neu ist die Podcast-Reihe „Die 10 Geheimnisse der Gubener Hutherstellung“, die im Museum über QR-Codes oder über Onlinestreamingdienste abgerufen werden kann.

Weitere Höhepunkte des Stadtspaziergangs sind die Ausstellung zur Geschichte der Gubener Tuchmacher und des ehemaligen Chemiefaserwerks.

 


Die vorgestellten sowie alle weiteren Rad- und Wandertouren des Touristischen Netzwerks Industriekultur in Brandenburg können unter www.reiseland-brandenburg.de/entdecktindustriekultur heruntergeladen werden. Die Reiseführer bieten Anregungen für einen Tagesausflug inklusive Kartenmaterial und Tipps zu Unterkünften sowie Restaurants.