
Zum vierten Mal kreuzen am Wochenende im deutschen Albstadt die besten Mountainbiker der Welt ihre Klingen. Beim zweiten Saisonrennen um den UCI Mountainbike Weltcup presented by Shimano deutet vieles wieder auf ein Duell zwischen Nino Schurter und Julien Absalon hin. Bei den Damen gilt Vorjahres-Siegerin Jolanda Neff als Topfavoritin.
Albstadt, das fehlt noch im ständig wachsenden Palmares von Weltmeister Nino Schurter (Scott-Odlo). Im vergangenen Jahr stand er schon vor seinem ersten Sieg auf der Schwäbischen Alb, doch dann
rutschte er wenige hundert Meter vor dem Ziel mit dem Vorderrad weg und stürzte. "Ich fühle mich gut und möchte mein Leader-Trikot verteidigen. Albstadt ist nicht gerade meine Lieblingsstrecke,
aber trotzdem hoffe ich, den verpatzten Sieg vom letzten Jahr nachzuholen", erklärt Schurter.
So konnte Julien Absalon (BMC Racing) voriges Jahr also seinen 2014er-Sieg wiederholen und gleichzeitig seinen historischen 30. Weltcup-Erfolg feiern. In Cairns hatte er zum Weltcup-Auftakt Pech
mit einem frühen Defekt und bedauerte das umso mehr, als er sich fühlte "wie nur selten in meiner Karriere". Nimmt man das und seine Vorstellung bei der EM in Schweden als Gradmesser, dann ist er
gewappnet für den Hattrick. Allerdings folgt eine Woche später sein Heimrennen in La Bresse. "Ich mag Albstadt, aber La Bresse steht dieses Jahr noch höher im Kurs", sagt Absalon vor dem nächsten
epischen Duell mit dem Schweizer.
Die eilige Dreifaltigkeit: Schurter, Absalon und Kulhavy
So oder so: Diese beiden Koryphäen muss im Hexenkessel Bullentäle schlagen, wer am Sonntag die dann genau dreijährige Zeit beenden will, in der nur Schurter, Absalon und London-Olympiasieger
Jaroslav Kulhavy (Specialized Racing) aus Tschechien ganz oben auf dem Treppchen standen. Der Schweizer Mathias Flückiger (Stöckli Pro Team) ist einer, dem das an einem guten Tag vielleicht
gelingen kann. Einer, der sehr gut klettern kann, was in Albstadt notwendig ist. Und einer, der fahrtechnisch Nino Schurter in nichts nachsteht.
"Ich will das schaffen, was in den vergangenen drei Jahren und drei Fahrern gelungen ist", sagt Mathias Flückiger mit einem Augenzwinkern. Allerdings will er auch nicht großspurig daherkommen.
"Ich habe ja noch keinen Weltcup gewonnen, aber es ist mein Ziel", sagt Flückiger. Das ist bei einem Fahrer seines Formats aber auch fast logisch. Sein Landsmann Florian Vogel (Focus XC) hat
immerhin bereits zwei Weltcupsiege auf seinem Konto. Er könnte in die Phalanx eingreifen, genauso wie Ondrej Cink (Cze, Multivan-Merida), der zuletzt Woche für Woche stärker wurde, und Maxime
Marotte (Fra, BH-Sr Suntour-KMC)
Fumic und Milatz als deutsche Hoffnungsträger
Der Deutsche Meister Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing) muss sich etwas zurückhalten mit seinen Prognosen. Erstens hat er 2016 noch kein Erfolgserlebnis verbucht und zweitens war er über
Pfingsten krank. "Es war natürlich kein besonders günstiger Zeitpunkt. Deshalb kann ich auch nicht sagen: Ich fahr’ in Albstadt aufs Podium. Aber ich hoffe, dass ich nicht weit davon entfernt
raus kommen kann. Ich konnte einige Tage nicht trainieren, aber einen echten Substanzverlust habe ich nicht erlitten", meint der Kirchheimer, dem das Profil in Albstadt nur bedingt entgegen
kommt.
Moritz Milatz hat zuletzt Aufwärtstendenz gezeigt und versucht, sich an Pfingsten mit zwei Straßenrennen schnelle Beine zu holen. "Albstadt liegt mir, und ich hoffe, dass es noch mal einen
Schritt nach vorne geht", erklärt der Freiburger. Er hat allerdings das Handicap eines schlechten Startplatzes. Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) hat, siehe unten, zumindest im U23-Bereich in
Albstadt schon für Furore gesorgt. Auch bei ihm zeigte die Formkurve jüngst nach oben. Wenn er das fortsetzen kann, ist ein Ergebnis unter den besten 30 drin.
Damen: Jolanda Neff in einer eigenen Liga?
Zwei schnelle erste Runden – und der Abstand zu den Verfolgerinnen war hergestellt. Danach lieferte Jolanda Neff (Stöckli Pro Team) dem Albstädter Publikum eine Solo-Show und feierte damals ihren
dritten Weltcupsieg in Folge. Ob es am Sonntag wieder so kommt? Dieses Szenario erscheint zumindest denkbar.
Wer könnte diesen Alleingang verhindern? Die Norwegerin Gunn-Rita Dahle-Flesjaa (Multivan-Merida) zum Beispiel, die bei der EM keinen guten Tag erwischte, aber im Prinzip in einer sehr guten
Verfassung scheint. Oder die Dänin Annika Langvad (Specialized Racing), die im Weltcup-Leaderjersey an den Start geht, sich aber bei den Europameisterschaften Jolanda Neff klar geschlagen geben
musste. Allerdings hat die Schweizerin im Gegensatz zu Langvad auf den Australien-Trip verzichtet und war deshalb sicher besser vorbereitet. Schon im vergangenen Jahr hatte man die Dänin auf der
Rechnung, doch dann reichte es nur zu Platz 14. "Ich bin konstanter geworden und weiß jetzt sehr viel besser, was ich brauche um schnell zu fahren. Das zu lernen, dafür habe ich viel Zeit
gebraucht", sagt die Spät-Einsteigerin.
Deutsches Damen-Trio vor heimischem Publikum ums Olympia-Ticket
Die deutschen Damen werden um den Sieg wohl nicht mitfahren können, doch Top-Ten-Resultate sind für ein Trio drin. Sabine Spitz (Murg-Niederhof) hat sich in diesem Frühjahr bis jetzt hervorragend
präsentiert. Weil ihr das Terrain im Bullentäle nicht liegt, bleibt sie aber zurückhaltend in ihrer Ansage. "Nach der schweren EM war es eine Gratwanderung, einerseits die Erholung zu schaffen
und andererseits weiter zu trainieren. Top-Fünf wäre arg optimistisch, aber auf die Top-Acht mache ich mir Hoffnungen", erklärt die 44-Jährige, die am Sonntag wohl den letzten Albstadt-Weltcup
ihrer Karriere bestreiten wird. Zweimal war sie auf der Alb Elfte, insofern wäre das dann eine Verbesserung ihrer persönlichen Bestmarke.
Die amtierende Deutsche Meisterin Helen Grobert (Ghost Factory Racing) hatte bei der EM ein Negativ-Erlebnis zu verdauen, dann aber den Blick rasch wieder nach vorne gerichtet. "Ich habe das
abgehakt und bin für Albstadt motiviert. Ich will da ein gutes Rennen fahren und dem Bundestrainer zeigen, dass ich seine Fahrerin für Olympia bin", kündigt die Freiburgerin an. Darum geht es für
die 24-jährige Vorjahres-Sechste in erster Linie. Ihre direkte Konkurrentin um einen Olympia-Startplatz ist, neben Sabine Spitz, mit Adelheid Morath eine weitere Schwarzwälderin. Die musste aus
gesundheitlichen Gründen die EM sausen lassen.
"Ich hatte im Frühjahr eine super Vorbereitung und war deshalb mega enttäuscht. Aber jetzt geht es wieder besser, und ich freue mich auf Albstadt. Ich mag den Kurs. Allerdings weiß ich nicht so
genau wo ich stehe", sagt die ebenfalls in Freiburg lebende 31-Jährige, die 2014 in Albstadt schon mal Sechste war. Auch Elisabeth Brandau (Radon-EBE Racing) darf man nicht aus den Augen
verlieren. Die Schönaicherin könnte für ein Überraschungs-Resultat sorgen.
U23-Weltcup: Zwiehoff will beim Heimspiel überzeugen
2013 gab es im U23-Rennen einen deutschen Heimsieg. Markus Schulte-Lünzum (Focus-XC) aus Haltern am See stand ganz oben auf dem Podest. Wenn das vor heimischem Publikum wieder einem
Nachwuchs-Fahrer gelingen könnte, dann Ben Zwiehoff (Bergamont-Hayes). Der U23-EM-Vierte aus Essen hat sich Albstadt als vorläufigen Saisonhöhepunkt ausgewählt. Aber auch ein Podiumsplatz wäre
aller Ehren wert. Auftaktgewinner in Cairns war der Neuseeländer Sam Gaze (Specialized Racing).
Bei den U23-Damen, die schon am Samstag dran sind, war das in Australien die US-Amerikanerin Kate Courtney (Specialized Racing). Dort fehlte allerdings ein Großteil der Europäerinnen, so dass man
auf die neue Situation gespannt sein darf.
UCI Junior Serie: Über 200 Talente auf dem Kurs
Für die Rennen der UCI Junior Serie standen Anfang der Woche knapp 70 weibliche und 160 männliche U19-Biker auf den Meldelisten. Sie verteilen sich auf 22 verschiedene Nationen. Mit dabei sind
neben den frisch gebackenen Europameistern Sofie Wright (Großbritannien) und Thomas Bonnet (Frankreich) auch alle anderen vier Junioren, die bei der EM in Schweden die Medaillen abgeräumt haben.
Streckenanpassungen
Die Fahrer bekommen es am Wochenende mit zwei Änderungen an der Strecke zu tun. Erstens werden sie in Runde eins auf einer neuen Trasse geradeaus den Berg hinauf geschickt, um das Problem mit dem
Stau, den es im ersten Singletrail gibt, etwas zu entschärfen.
Zweitens wurde die Passage, die auf der rechten Seite des Bullentäles liegt völlig neu gestaltet. Sie ist jetzt flüssiger zu fahren und auch zum Überholen geeignet.
Gonso Albstadt MTB Classic Kurz-Marathon
Die elfte Auflage des Kurz-Marathons steuert erneut auf eine Teilnehmerzahl über der 1000er-Marke zu. Besonders erfreut registriert man die 130 Biker, die für das Generation Race gemeldet
haben.
Matthias Pfrommer von Centurion-Vaude und Silke Schmidt waren über die 46 Kilometer die Sieger 2015. Schmidt verzichtet allerdings. Aus gutem Grund. Die Deutsche Marathon-Vizemeisterin
heiratet.
Retro Zäpfle Race
Am Samstagabend wird’s lustig. Das Retro Zäpfle Race ist ein Spaß-Rennen für Jedermann, vorausgesetzt der Teilnehmer tritt mit einem Bike an, das 20 Jahre oder älter ist. Und möglichst auch in
alten Klamotten.
Dann dreht man auf einer kleinen Cross-Country-Runde im Bullentäle seine Runden und darf abkürzen. Allerdings folgt das Strafmandat auf dem Fuß: Rothaus Bier-Genuss, zwei Bananen essen oder
durchs Schaumbad fahren.
Zahlen, Zahlen, Zahlen
Die Meldelisten für den UCI Mountainbike Weltcup presented by Shimano wurden am Montag geschlossen. Für die vier Rennen wurden 457 Meldungen aus 41 Nationen und allen Kontinenten außer der
Antarktis abgegeben.
Die meisten Teilnehmer stellen ... nein, nicht die deutschen Gastgeber, sondern die Nachbarn aus der Schweiz. 61 Eidgenossen sind gemeldet. Dann folgen Schwarz-Rot-Gold mit 57 und die Franzosen
mit 51.
Mehr als 200 Kinder und Jugendliche werden für die Rennen der Alb-Gold Juniors-Cup am Freitag erwartet, so dass sich die Gesamt-Teilnehmer-Zahl am Wochenende wohl wieder bei etwa 2000 einpendeln
wird.
Insgesamt werden wieder mehr als 10.000 Zuschauer in Albstadt-Tailfingen erwartet.
www.world-cup-albstadt.de