Schütz Deinen Kopf!

Schütz Deinen Kopf! Gehirnerschütterungen im Sport
© ZNS - Hannelore Kohl Stiftung

Gehirnerschütterungen im Sport

Sportliche Fairness, Respekt vor den Mitspielern, intakte Ausrüstung – dennoch kommt es im Sport immer wieder zu Gehirnerschütterungen. In Deutschland werden pro Jahr mehr als 40.000 diagnostiziert, die Dunkelziffer ist weitaus höher. Dabei handelt es sich um eine ernst zu nehmende Verletzung, die erhebliche Spätschäden verursachen kann, wenn sie nicht richtig behandelt wird.

Zum einen besteht das Problem im Spitzen- und Profisport, wenn Athleten durch Kopfverletzungen ausfallen oder zu früh wieder in Training und Wettkampf einsteigen. Andererseits geht es um den Breiten- und Schulsport, wo Kopfverletzungen oft gar nicht erkannt oder verharmlost werden.

 

Darum haben sich auf Initiative der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung und unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministers, Dr. Thomas de Maizière, namhafte Organisationen und Verbände zusammengeschlossen, um Sportler, Ärzte, Trainer und Lehrer für dieses Thema zu sensibilisieren. Mit der Präventionskampagne Schütz Deinen Kopf!, die am heutigen Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, wollen die Beteiligten aufklären und mögliche Spätfolgen vermeiden. „Die sogenannte Gehirnerschütterung wird nicht ernst genommen, sie wird bagatellisiert“, sagte Dr. Kristina Schröder, Präsidentin der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung. „Im Sport kommt es oft vor, dass man stürzt, einen Ball an den Kopf bekommt oder mit einem Gegenspieler zusammenprallt. Das kennt jeder. Genau an diesem Punkt müssen wir sagen: Stopp – kann der Betroffene wirklich weiterspielen? Oder gibt es Anzeichen für eine Gehirnerschütterung? Dafür wollen wir bei Spielern, Trainern, Lehrern und Eltern ein Bewusstsein schaffen. Schnelltests am Spielfeldrand müssen in Deutschland auch im Breiten- und Schulsport Standard werden.“

 

Wenn ein Sportler berichtet, dass er nach einem Zusammenprall „Sterne gesehen“ hat, bestehe der dringende Verdacht auf eine Gehirnerschütterung, betonte Dr. Axel Gänsslen, Mitinitiator der Initiative. „Die Zeiten sind endgültig vorbei, als es zum guten Ton gehörte, sich nach einem K.O. wieder aufzurappeln und weiterzuspielen“, sagte der Mannschaftsarzt des DEL-Eishockeyteams EHC Grizzly Adams Wolfsburg. Der Unfallchirurg am Klinikum Wolfsburg spricht aus eigener Erfahrung. Sein Sohn Paul (zehn Jahre) zog sich im Schulsport zweimal binnen weniger Wochen eine Gehirnerschütterung zu. Er litt unter Kopfschmerzen, Übelkeit, Schlafstörungen und Einschränkungen seiner Gehirnleistung. Aufgrund der medizinischen Kenntnisse seines Vaters wurden die Symptome richtig erkannt und behandelt.

 

„Wir wollen mit der Kampagne mehr Menschen für die Thematik sensibilisieren“, sagte Jürgen Fischer, Direktor des Bundesinstituts für Sportwissenschaften. Als Kooperationspartner der Kampagne engagieren sich zudem unter anderem der Deutsche Olympische Sportbund, der Deutsche Fußball-Bund, die Deutsche Eishockeyliga, DSV aktiv/Freunde des Skisports e.V. im Deutschen Skiverband und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung.

 

Peter Schlickenrieder, Olympia-Silbermedaillengewinner im Langlauf, unterstützt Schütz Deinen Kopf! als Botschafter. „Wir wollen mit dieser Initiative die Menschen explizit für den Sport begeistern“, sagte der 45-jährige Familienvater aus Schliersee. „Der Sport in seiner Breite ist die perfekte Sturzprophylaxe, vor allem der ganzheitlichen Schulung von Koordination und Gleichgewicht kommt neben Kraft- und Ausdauerfähigkeiten eine große Bedeutung zu. Aber wenn es dennoch zu einem Sturz oder Schlag gegen den Kopf kommt, sollte niemand Scheu haben, sich einem Arzt anzuvertrauen.“

 

Ziel der Initiative ist es, sportartübergreifend einheitliche Leitlinien zu erstellen und das notwendige Know-how zum richtigen Verhalten zu vermitteln. Frühzeitiges Erkennen und korrekte Behandlung sollen helfen, etwaige Folgen zu minimieren und dem Sportler eine optimale Rehabilitation zu ermöglichen. Dafür wurde entsprechendes, einheitliches Informationsmaterial für Athleten, Trainer, Physiotherapeuten, Betreuer, Lehrer und auch Eltern erstellt. Ein wichtiger Baustein ist die Übernahme der sogenannten PocketCard des Fußballweltverbandes FIFA. Diese ermöglicht auch medizinischen Laien, die Anzeichen von Gehirnerschütterungen zu erkennen und entsprechend notwendige Maßnahmen zu ergreifen. „Wir wollen mittelfristig erreichen, dass dieser Schnelltest in ganz Deutschland auch im Breitensport standardmäßig am Spielfeldrand eingesetzt wird“, sagte Dr. Kristina Schröder. Begleitet wird die Präventionskampagne Schütz Deinen Kopf! von lokalen Fortbildungen und Informationsveranstaltungen. Darüber hinaus wird eine standardisierte Empfehlung für Mediziner erarbeitet, welche diagnostischen Schritte und Therapieempfehlungen für Patienten notwendig sind, damit diese nach erlittenem leichten Schädel-Hirn-Trauma ihr vorheriges Leistungsniveau wiedererlangen. Weiter soll ein Ausbildungs- und Lehrkonzept im Breiten- und Leistungssport in den Schulen und Sportvereinen in Deutschland etabliert werden.


Die Pressekonferenz am gestrigen Donnerstag in Berlin war der offizielle Auftakt der Präventionskampagne Schütz Deinen Kopf! Gehirnerschütterungen im Sport. Parallel ging die Internetseite www.schuetzdeinenkopf.de online und es steht eine App für mobile Endgeräte zur Verfügung. Sie bieten Hintergrundinformationen zum Thema und die Möglichkeit zum Download oder der Bestellung von umfangreichem Informationsmaterial, u.a.:


- Broschüre „Leichtes Schädel-Hirn-Trauma im Sport“

- Broschüre für Sportler, Trainer, Physiotherapeuten, Betreuer, Lehrer und Eltern

- Taschenkarte „Erkennen und Handeln“

- Checkliste „Zurück-in-die-Schule“ / „Zurück-zum-Sport“

- Child-SCAT3 / SCAT3 Sport Concussion Assessment Tool


Das SCAT3 ist ein standardisiertes Instrument, um das Vorliegen einer Gehirnerschütterung bei verletzten Kindern vom 5. bis zum 12. Lebensjahr beziehungsweise bei verletzten Sportler/innen ab dem Alter von 13 Jahren zu beurteilen. Das SCAT3 wurde zur Benutzung von medizinischen Fachpersonen entwickelt.

 


Initiatoren

Partner

 

-          ZNS - Hannelore Kohl Stiftung

 

-          Allgemeines Krankenhaus Celle

 

-          ukb Unfallkrankenhaus Berlin

 

-          Klinikum Wolfsburg

 

-          AFVD American Football Verband Deutschland

-          ARAG Sportversicherung

-          ASiS Arbeitsgemeinschaft Sicherheit im Sport

-          Bundesinstitut für Sportwissenschaft

-          DEL Deutsche Eishockey Liga

-          DFB Deutscher Fußball-Bund

-          DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung

-          DOSB Deutscher Olympischer Sportbund

-          DSV aktiv/Freunde des Skisports e.V.

-          GNP Gesellschaft für Neuropsychologie

-          UK NRW Unfallkasse Nordrhein-Westfalen

-          UKR Universitätsklinikum Regensburg

-          VBG Die gesetzliche Unfallversicherung

-          Zentrum für Sport-Neuropsychologie Würzburg

 

Über die ZNS - Hannelore Kohl Stiftung

 Die ZNS - Hannelore Kohl Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems mit Sitz in Bonn wurde 1983 von Frau Dr. med. h.c. Hannelore Kohl ins Leben gerufen. Die Stiftung unterhält einen Beratungs- und Informationsdienst für Schädelhirnverletzte und deren Angehörige, unterstützt bei der Suche nach geeigneten Rehabilitationseinrichtungen und fördert die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Neurologischen Rehabilitation. Sie engagiert sich in der Präventionsarbeit für Unfallverhütung. Bis heute konnten rund 30 Mio. Euro aus Spendenmitteln für über 630 Projekte an Kliniken, Institutionen und Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland weitergegeben werden. Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen Schädelhirntraumata, knapp die Hälfte von ihnen ist jünger als 25 Jahre. Dank der medizinischen Fortschritte kann vielen von ihnen geholfen werden.

 

Quelle: TOC Agentur für Kommunikation ZNS - Hannelore Kohl Stiftung // Alexander Schwer / Thomas Ammer / Helga Lüngen