Pedelec-Regulierung im Fokus: zNT-Studie fordert differenziertes Regelwerk für E-Bikes

Das elektrisch unterstützte Fahrrad, auch bekannt als EPAC oder Pedelec, hat sich in Deutschland von einem Nischenprodukt zu einem entscheidenden Faktor der Alltagsmobilität entwickelt, mit über 16 Millionen Fahrzeugen im Bestand. Dieser Erfolg basiert auf einem klaren und unbürokratischen Rechtsrahmen, der Pedelecs verkehrsrechtlich Fahrrädern gleichstellt, gestützt auf die EU-Verordnung 168/2013.

Doch dieser etablierte Rahmen gerät zunehmend unter Druck. Neue Fahrzeugtypen, europäische Regulierungsinitiativen und technische Lobbyinteressen werfen die Frage auf, wie viel Leistung, Gewicht und Bauart ein Pedelec verträgt, ohne sein verkehrspolitisches Profil und seine gesellschaftliche Akzeptanz zu verlieren.

 

Das Zentrum für nachhaltige Transformation (zNT) an der Quadriga Hochschule Berlin hat dazu eine Kurzstudie vorgelegt, die den Ordnungsrahmen für elektrisch unterstützte Fahrräder analysiert. Ziel ist es, Wege für eine präzise Weiterentwicklung aufzuzeigen, ohne das bewährte EPAC-Modell zu verwässern. Prof. Dr. Torsten Oltmanns, Managing Partner des zNT, betont: „Wir brauchen eine funktionale Regulierung – nicht eine neue Fahrzeugdefinition durch die Hintertür.“

Analyse des Ordnungsrahmens und Handlungsempfehlungen

Die Kurzstudie des zNT, unter der Leitung von Prof. Dr. Torsten Oltmanns, Dr. Ute Preusse-Hüther und Ulrich Helzer, bietet eine übersichtliche Einordnung der bestehenden EPAC-Regulierung und ihrer Effekte auf Verkehr, Markt und Akzeptanz. Sie beleuchtet die regulatorischen Forderungen von Verbänden wie LEVA-EU und ZIV und skizziert drei mögliche Szenarien für die Entwicklung des Pedelec-Marktes unter verschiedenen regulatorischen Weichenstellungen – von technischer Präzisierung über gestufte Kategorisierung bis hin zur vollständigen Neudefinition mit erheblichen Nebenwirkungen.

 

Die Kernempfehlung der Studie lautet: Die Grundstruktur des EPAC-Regelwerks sollte nicht aufgebrochen, sondern durch gezielte Präzisierungen ergänzt werden. Dies soll technologische Vielfalt ermöglichen, ohne das System zu überdehnen.

 

Download der Kurzstudie unter: 

https://www.znt-berlin.com/app/uploads/2025/06/Kurzstudie_E-Mobilitaet-ganz-leicht.pdf

Das Beispiel London: Wenn ein Ordnungsrahmen kippt

Die britische Hauptstadt London dient der Studie als exemplarisches Beispiel dafür, was passieren kann, wenn eine ursprünglich funktionierende Regulierung durch technische Grauzonen, unklare Abgrenzungen und mangelnde Kontrolle ihre steuernde Kraft verliert. In London haben zunehmende Unfälle, Regelverstöße und ein Imageverlust des E-Bikes den Diskurs geprägt. Fehlende technische Abgrenzungen, mangelnde Marktaufsicht und unklare Rechtsdurchsetzung führten zu einem wachsenden Graubereich. Dies resultierte in der Nutzung einer großen Zahl illegal getunter oder importierter Hochleistungs-E-Bikes – oft ohne Versicherung, Zulassung oder Aufklärung. Unfälle und Sicherheitsrisiken nahmen zu, insbesondere durch aggressive Nutzung im Liefersektor oder unsichere Umbauten. Die öffentliche Wahrnehmung kippte: Was einst als kluge Mobilitätsalternative galt, wurde zunehmend mit Unsicherheit, Wildwuchs und Kontrollverlust assoziiert. Diese Erfahrungen unterstreichen die Wichtigkeit, Regelrahmen vorausschauend zu steuern, bevor gesellschaftliche Akzeptanz in Skepsis umschlägt.

Nutzerbefragung bestätigt Akzeptanz des Pedelecs

Begleitend zur Studie beauftragte das zNT eine repräsentative Civey-Umfrage im Juni 2025 unter mehr als 1.000 Nutzerinnen und Nutzern. Die Ergebnisse belegen eine hohe Funktionalität und breite Akzeptanz des bestehenden Systems:

  • 84 % der Befragten halten ihr E-Bike für alltagstauglich.
  • 95 % empfinden die Reichweite als ausreichend.
  • Nur 15 % nutzen regelmäßig die höchste Motorstufe.
  • Der häufigste Wunsch ist ein geringeres Gewicht – nicht mehr Leistung.

Prof. Dr. Torsten Oltmanns fasst zusammen: „Die Nutzerinnen und Nutzer bestätigen: Das Pedelec funktioniert – und zwar so, wie es heute reguliert ist.“

Empfehlung: Differenzieren, ohne zu entkernen

Die zNT-Studie warnt eindringlich vor einer regulatorischen Gleichbehandlung leistungsstärkerer Fahrzeugtypen mit klassischen EPACs. Ein solcher Schritt würde die Verkehrssicherheit gefährden, das Systemvertrauen schwächen und das Pedelec aus seiner gesellschaftlichen Mitte herausdrängen.

 

Stattdessen wird ein gestuftes Regulierungssystem empfohlen, das folgende Punkte berücksichtigt:

  • Präzise Weiterentwicklung statt pauschaler Neudefinition.
  • Klare technische Abgrenzung im Sinne der Verkehrssicherheit.
  • Erhalt des etablierten Nutzungsprofils – auch für ältere Menschen, Familien und Pendelnde.

 

Prof. Dr. Torsten Oltmanns verdeutlicht: „Wer E-Bikes fördern will, muss das Vertrauen in das Pedelec schützen – durch Klarheit, nicht durch neue Komplexität.“

Studie und Kontakt:

Die zNT-Kurzstudie „Status & Perspektiven der EPAC-Regulierung“ steht unter folgendem Link zum Download bereit: https://www.znt-berlin.com/app/uploads/2025/06/Kurzstudie_E-Mobilitaet-ganz-leicht.pdf

 

Weitere Informationen Zentrum für nachhaltige Transformation (zNT): https://www.znt-berlin.com/e-bike/

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