Nino Schurter feiert seinen 22. Weltcupsieg, seinen zweiten in dieser Saison und seinen zweiten in Albstadt. Nur ein halbes Rennen lang hat er zwei Kontrahenten als Begleiter, von denen man nicht weiß, ob sie ihn gefährden können.
Cyclo-Cross-Vizeweltmeister Mathieu van der Poel, der nach seinem achten Platz von Nove Mesto aus der ersten Startreihe ins Rennen gehen kann, übernimmt sofort die Initiative und bildet gemeinsam
mit Weltmeister Nino Schurter ein Spitzenduo, das dann noch von Mathias Flückiger Gesellschaft bekommt.
Doch in der vierten von sieben kompletten Runden macht Nino Schurter Druck, was Mathieu van der Poel zu einem "dummen Fehler" animiert. Er stürzt in einer Kurve vor dem Albstadt-Drop und verliert
den Anschluss. Dabei schlägt er sich auch das Knie heftig an, was ihn in der Folge behindert.
Kurze Zeit später riskiert Mathias Flückiger zuviel. Er springt in einer Passage, die sonst niemand so nimmt. Dabei überschlägt er sich und fliegt die Böschung hinunter. Außer Prellungen und
Schürfungen passiert ihm nichts, aber das Rennen ist für ihn gelaufen. Eine Runde später gibt er auf. So ist Nino Schurter vorne alleine auf dem Weg zu seinem zweiten Saison-Erfolg im
Weltcup.
"Ich war schon ein bisschen nervös wegen Mathieu. Ich habe ihn in einem Rennen nie erlebt und kannte seine Schwächen und Stärken nicht. Als ich oben angegriffen habe, hat ihn das vermutlich schon
unter Druck gesetzt. Fehler darfst du dir hier nicht erlauben. Obwohl die Strecke technisch einfach ist, rutscht du hier ganz schnell weg", erklärt Schurter.
Van der Poel sichert sich unter Schmerzen Rang zwei, während sich dahinter Anton Cooper in der Verfolgergruppe vor David Valero (Spanien) und Maxime Marotte durchsetzen kann. „Damit hätte ich
nicht gerechnet“, so der U23-Weltmeister von 2015, „weil mir der Kurs hier gar nicht liegt.“
Fumic hat Pech, Schulte-Lünzum mit bestem Karriere-Ergebnis.
Manuel Fumic fährt ein taktisch kluges Rennen. In der Startphase hält er sich zurück, liegt erst mal auf Rang 13 und tastet sich dann langsam nach vorne. „Das war sicher nicht schlecht, aber es
ist trotzdem so: wenn du hier nicht von Anfang an vorne dabei bist, wird es sehr schwer zu überholen. Teilweise brauchst du eine Runde um vorbei zu kommen, auch wenn du stärker bist“, erklärt der
Kirchheimer. In der drittletzten Runde ist er auf Rang sechs angekommen und hat zwischenzeitlich nur noch 20 Sekunden Rückstand auf Rang drei. Doch den Anschluss kann er nicht mehr
herstellen.
Von hinten bekommt er in der Schlussrunde Gesellschaft vom Franzosen Stephane Tempier. Doch in der Mitte der letzten 4,2-Kilometer-Runde erleidet Fumic einen Defekt. „Ich ärgere mich sehr, ich
war stärker als Tempier und hätte den sechsten Platz heimgebracht“, so Fumic. „Der Kurs hier liegt mir nicht, insofern ist das Rennen ein gutes Zeichen. Auf einer anderen Strecke kann ich auch in
die Top-Fünf fahren.“
Markus Schulte-Lünzum fährt in Albstadt das beste Elite-Weltcup-Rennen seiner Karriere. Der Deutsche Meister erwischt zwar keinen guten Start, aber dann findet er seinen Rhythmus und fährt immer
weiter nach vorne. „Das hat echt Bock gemacht. Am Ende war es ganz egal, dass mir der Italiener noch den 13. Platz genommen hat. Ich bin sehr glücklich, vor allem weil es letzte Woche gar nicht
lief. Es ist eine Bestätigung, dass es in die richtige Richtung geht.“
Packendes Damen-Rennen endet mit Überraschungs-Sieg
Yana Belomoina kann ihr Gück gar nicht fassen. Der Sieg in Albstadt kommt nicht nur für sie überraschend. Auch ihre Konkurrentinnen wsind begeistert von den vielen tausend Zuschauern im
Bullentäle, die bei hohen Temperaturen einem packenden Rennen beiwohnen.
Zu Beginn ist aber Weltmeisterin Annika Langvad aus Dänemark ie dominierende Figur, doch sie stürzt mehrfach und hat am Ende keine Chance mehr. Nach Langvads erstem Sturz hat Wloszczowska eine
Lücke zu Indergand und beschließt auf Angriffsmodus zu schalten. „Annika hat einen so starken Eindruck gemacht, ich wollte nur dran bleiben. Aber als sie dann gestürzt ist, habe ich nicht mehr
gewartet. Ich bin mein Tempo gefahren und habe versucht, nicht zu überziehen, mehr als 20 Sekunden waren es allerdings nie“, berichtet Wloszczowska.
Doch von hinten drohte mehr und mehr Gefahr. Es war Yana Belomoina, die in den steilen Anstiegen das schärfste Tempo anschlagen konnte. Sie erreichte in der Vorschluss-Runde die Verfolgergruppe,
und in der Anfangsphase der Schluss-Runde schloss sie gemeinsam mit Jolanda Neff zu Wloszczowska auf. Der letzte Anstieg entschied das Rennen zugunsten von Belomoina.
"Als ich zu Maja aufgeschlossen habe, spürte ich: heute ist alles möglich. Ich habe versucht am letzten Anstieg so viel wie möglich Vorsprung herauszuholen", erklärte die WM-Dritte von 2015. Im
Ziel verbirgt sie ihr Gesicht mit den Händen. "Ich kann es noch gar nicht glauben. Das wird mir sehr viel Selbstvertrauen geben, zeigen, dass alles möglich ist“, sagt sie später.
Jolanda Neff fährt auf Rang drei ins Ziel und freut sich über den Effekt einer Strategie-Änderung. "Ich bin heute langsamer losgefahren und konnte die ganze Zeit überholen. Heute habe ich auch
wieder richtig Luft bekommen“, so Neff, die im Mai mit Pollen Probleme hat.
Spitz mit Magen-Problemen, Morath mit Sturz
Sabine Spitz ist zu Beginn des Rennens ganz vorne zu sehen. Sie führt das Feld durch die 3,6 Kilometer lange Startrunde. "Vielleicht habe ich da ein bisschen überzogen", bekennt sie, "aber das
Hauptproblem war, dass ich Probleme mit dem Magen und der Atmung bekommen habe. Runde zwei bis vier waren ganz schwierig und ich habe sogar ans Aufgeben gedacht. Angesichts dieser Umstände bin
ich mit Platz sieben schon zufrieden." Sie fällt zwischenzeitlich bis auf Position zehn zurück und kann in den beiden letzten Schleifen aber noch mal Boden gut machen.
Adelheid Morath fährt von Position 20 nach der Startrunde bis auf Rang sieben nach vorne. Die Freiburgerin hat bereits Anschluss an Rang sechs, liegt 20 Sekunden hinter Rang fünf, als sie in der
zweiten von sechs kompletten Runden in einer Welle "einen Schlag aufs Hinterrad" bekommt, aus dem Pedal ausklickt und über den Lenker abfliegt.
"Es ist so schade", bedauert Morath, die danach bis auf Rang elf zurückfällt. "Ich hatte aber auch noch mega viel Glück, dass ich das Rennen zu Ende fahren konnte." Sie verbessert sich noch zum
zweiten Top-Ten-Rang nach Platz sechs in Nove Mesto, ist aber auch enttäuscht. "Ich hatte diese Woche so super Beine, da wäre so viel möglich gewesen."
Helen Grobert (Remetschwiel) stürzt früh und gibt in der vorletzten Runde auf.