Die Fachverbände Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC), Verbund Service und Fahrrad e.V. (VSF) und Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV) haben zur Bundestagswahl 2017 aus Verbraucher- und Wirtschaftssicht gemeinsame Forderungen artikuliert, wie eine nachhaltige Verkehrspolitik aussehen sollte, die sowohl den verkehrlichen Anforderungen als auch dem Klimaschutz gerecht wird.
Das Fahrrad muss eine zentrale Rolle in einem nachhaltigen Verkehrssystem spielen, fordern die drei Fachverbände. Dabei sollte dem Umweltverbund (Rad-/Fußverkehr und öffentlicher Verkehr) Vorrang
vor dem Kfz-Verkehr gegeben werden.
Die Fahrradbranche ist zudem ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor in Deutschland. Fahrradwirtschaft und Fahrradtourismus sichern etwa 278.000 Arbeitsplätze in Industrie und Logistik, im
örtlichen Fachhandel sowie in zahlreichen Dienstleistungsbereichen. Hinzu kommen positive Beschäftigungseffekte durch Innovationen in den Bereichen der E-Bikes und neue Dienste wie
Bike-Sharing-Systeme. Jährlich wird mit dem Fahrrad ein Gesamtumsatz in Höhe von 16 Mrd. Euro erreicht.
Die Bundesregierung hat im Nationalen Radverkehrsplan 2020 (NRVP) bereits den großen volkswirtschaftlichen Nutzen des Radverkehrs für Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit betont. Hinzu kommt der
positive Beitrag, den Elektrofahrräder schon heute zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors und somit zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes leisten. Bereits mehr als 2,5 Millionen
E-Bikes sind aktuell auf Deutschlands Straßen unterwegs – Tendenz steigend.
Das Fahrrad bietet Lösungen für viele gesellschaftliche Herausforderungen wie die Reduzierung von Staus, Emissionen und Lärm und trägt dadurch zur Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität
in den Kommunen bei. Es ist nach dem Fußverkehr das kosteneffizienteste Verkehrsmittel, reduziert die Infrastrukturkosten und fördert eine gesunde, aktive Mobilität. Das Fahrrad ist das ideale
Alltagsverkehrsmittel für kurze und mittlere Entfernungen. Radschnellwege können dabei helfen, den Radius nochmals deutlich zu erweitern. Innerhalb eines modernen Umweltverbundes besitzt der
Radverkehr als Zubringer zu Bussen und Bahnen eine Schlüsselfunktion. Zudem könnten Lastenräder laut Studien rund 50 Prozent aller motorisierten Warentransporte in Städten übernehmen.
Angesichts der bisher mäßigen Erfolge bei der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 gibt es aber noch großen Nachholbedarf. Hier sollte sich eine neue Bundesregierung deutlich stärker
engagieren und den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen.
Der Bund nimmt als Förderer, Impulsgeber, Moderator, Koordinator sowie als Geldgeber bei der bundesweiten Radverkehrsförderung eine besondere Rolle ein. Eine neue Bundesregierung sollte sich hier
aber deutlich stärker engagieren und den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen.
Die Forderungen der Fahrrad-Fachverbände im Einzelnen:
1. Die Bundesmittel für die Förderung des Radverkehrs im System, insbesondere für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, auf mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr
anheben.
2. Den Kommunen über die Fortführung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) und eine Nachfolgeregelung des Entflechtungsgesetzes zweckgebundene finanzielle
Mittel zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.
3. Bei der Verteilung der Verkehrsflächen dem Radverkehr deutlich mehr Platz einzuräumen. Der Bund sollte für den Bau von Radverkehrsanlagen in Bundesverantwortung
verbindliche Qualitätsvorgaben machen. Zudem sollte die Breite von Radwegen dem steigenden Bedarf und den Anforderungen unterschiedlicher Fahrradtypen (z.B. E-Bikes, Lastenräder, mehrspurige
Fahrzeuge) entsprechen.
4. Radwege so zu gestalten, dass sie den Radfahrenden aller Altersklassen objektiv und subjektiv Sicherheit geben.
5. Die Position eines/einer Radverkehrsbeauftragten auf Ebene der Bundesregierung zur ressort-übergreifenden Steuerung aller Radverkehrsthemen in den verschiedenen
Ministerien zu schaffen.
6. Die Verkehrssicherheitsarbeit verbindlich an der Vision Zero – Null Tote im Straßenverkehr – auszurichten und dieses Ziel als oberste Prämisse in die StVO aufzunehmen.
Als wichtiges Element ist Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften einzuführen.
7. Massiv in öffentliche Fahrradparksysteme zu investieren.
8. In urbanen Ballungsräumen bei der Planung von Autobahn-Ausbauprojekten Radschnellwege als Alternative zur Verkehrsentlastung zu prüfen.
9. Die Anschaffung von E-Cargo-Bikes mit Kaufprämien zu fördern, um dadurch eine Entlastung der Innenstädte vom Lieferverkehr durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu
erreichen.
10. Das Falschparken auf Radwegen konsequenter zu verfolgen und mit deutlich höheren Bußgeldern zu belegen.
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen kann der Bund den Trend des zunehmenden Fahrrad- und E-Bike-Verkehrs unterstützen und adäquate Bedingungen schaffen, um der verkehrs-, gesundheits-und
klimapolitischen Bedeutung des Radverkehrs Rechnung zu tragen.