Keine Bremsen, kein Lenker: Rekordshow am Stilfserjoch

Giuliano Calore auf seinem Joch © Stuffilm
Giuliano Calore auf seinem Joch © Stuffilm

 

Ohne so besondere Charaktere wie den radbegeisterten Italiener Giuliano Calore wäre diese Welt um einiges ärmer.

Der inzwischen 77-Jährige hat das Stilfserjoch zu seiner ganz persönlichen Manege erkoren, in der er immer wieder neue Rekorde fürs Guiness Buch aufgestellt hat. Auch beim 13. Spektakel dieser Art bekam er keinen Strafzettel, obwohl er nachts ohne Lenker und ohne Bremsen unterwegs war. Er schaffte sie alle – die 48 Kehren.


Giuliano Calore ist ein Original, ein ganz besonderer Mensch. Immer wieder lockt ihn das Stilfserjoch. Dort will er seine ebenso originellen Rekorde aufstellen – auf dem Fahrrad. Der dreizehnte Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde ist ihm vermutlich in diesem Sommer geglückt: Er ist die 48 Kehren des Stilfserjochs nachts hinuntergefahren, ohne Lenker und ohne Bremsen – ausgerüstet mit nur einer kleinen Taschenlampe an der Hand. Und das mit 77 Jahren, wohlgemerkt! – Verrückt? Vielleicht! Aber leidenschaftlich auf jeden Fall. Im Winter wird sogar ein Film über ihn und seinen letzten Streich veröffentlicht: "48 Kehren in der Nacht" wird der Streifen von Fabrizio Lussu und Anna Grendele heißen. (Kostprobe auf Italienisch unter https://vimeo.com/117890224)

 

Fahrradakrobat mit Liebe zur Musik

Eigentlich waren Calores Jugend-Idole die großen Stars der Rad-Szene; allen voran Fausto Coppi, der den gefürchteten "Stelvio" zum Mythos machte. Doch der Rad-Akrobat und leidenschaftliche Musikliebhaber aus Padua wählte lieber ungewöhnliche Mittel, um sich mit der imposanten Passstraße zu messen. 1981 ist Calore den "Stelvio" hinabgefahren und hat dabei vier Musikinstrumente abwechselnd gespielt, ohne auch nur ein einziges Mal von seinem Rad zu steigen. 1984 hat er das Stilfserjoch nur mit Hilfe seines rechten Beins erklommen und lediglich 1.36 Std. 1985 schoss er mit bis zu 80 km/h in 27 Minuten und einer Sekunde ohne Lenker und Bremsen hinab ins Tal nach Prad. 1989 kletterte er in einer Zeit von 1.17:18 Std. auf die Passhöhe und kurbelte damit schneller durch die berühmten Kurven als der Giro d’Italia-Gewinner von 1980, Bernard Hinault.

 


 

Calore bei seinen früheren Aktivitäten auf dem Stilfserjoch © Stuffilm (Foto oben und rechts)
Calore bei seinen früheren Aktivitäten auf dem Stilfserjoch © Stuffilm (Foto oben und rechts)


Geduldiges Warten vor dem neuen Rekordversuch

Mit dem Rekordversuch in diesem Sommer hätte es dann jedoch fast nicht geklappt. Das Wetter spielte nicht mit, der 77-Jährige musste sich drei Nächte lang gedulden. Dann war es so weit, es wehte zwar ein starker Wind, aber immerhin regnete es nicht. Calore zog sich einen dicken Pulli und eine lange Unterhose an und setzte sich auf sein Rad, begleitet von der Filmcrew. Er manövrierte sich nur mit Hilfe seines Körpergewichts und seinem unvergleichlichen Gleichgewichtssinn durch die engen Kehren,  und nur eine kleine Taschenlampe spendete ihm Licht.

 

"Honig und ein paar Nüsse – das hilft"

Zwölf Rekorde hat er bereits in der Tasche, dies könnte sein dreizehnter sein. Was bringt einen solchen Mann dazu, es immer wieder mit diesem Pass aufzunehmen, der anderen Radfahrern schon alleine bei seinem Anblick den Angstschweiß ins Gesicht treibt? "Es ist einer der bekanntesten Aufstiege der Rad-Welt, ein spektakulärer Pass mit 48 Kehren und 1800 Höhenmetern", ist die simple Antwort des Fahrrad-Künstlers. Und er hat noch einen Tipp für all jene, dich sich zum ersten Mal an diese Kletterpartie wagen: "Fangt langsam an, so dass sich die Muskeln ordentlich aufwärmen können. Es sind viele Kehren und der Pass ist immerhin 2,758 Meter hoch, also lasst euch Zeit. Stärkt euch zum Beispiel mit etwas Marmelade oder Honig und ein paar Nüssen – das hilft."

 

Radkünstler Calore hat auch ein Faible für Musik © Stuffilm
Radkünstler Calore hat auch ein Faible für Musik © Stuffilm
Hat er schon die Nummer 14 im Kopf? © Stuffilm
Hat er schon die Nummer 14 im Kopf? © Stuffilm