
Wir erlauben uns eine kleine Scherzfrage: "Wie geht man mit Lithi-um?“ Da hört dann aber der Spaß auch schon auf. Die Technik und der Umgang mit modernen Lithiumbatterien stellen eine Reihe von neuen Anforderungen – nicht zuletzt auch im Fahrradhandel.

Velototal hat sich im Hightech-Ambiente des 8. Entwicklerforums für Akkutechnologien in Aschaffenburg im März 2015 über die wichtigsten Neuheiten in Sachen Batterietechnik und -handhabung informiert, wie sie spezifisch für E-Bike-Händler von besonderer Wichtigkeit sind.
Technologien von Lithium-Batterien
Unter dem Überbegriff Lithium-Batterien sind verschiedene Technologien angesiedelt. Die Unterschiede manifestieren sich zum einen in der Zellchemie, zum anderen in der Bauform. Die höchste
Leistungsdichte haben Lipo-Zellen, wie sie etwa bei Modell-Flugzeugen verwendet werden. Sie haben zwar eine hohe Stromlieferfähigkeit, aber dafür eine eingeschränkte Lebensdauer von vier- bis
fünfhundert Zyklen. Billiger und bei weitem nicht so leistungsfähig sind Blockzellen, wie sie oft in den Akkus von Billigrädern zu finden sind.
Am besten sind Rundzellen aus japanischer Fertigung von den Firmen Sony oder Panasonic, aber auch von taiwanischen Herstellern wie Samsung und LG. Wenn in Billigprodukten Rundzellen zu finden
sind, stammen diese meist aus chinesischer Fertigung. Während bis vor fünf Jahren die Topzellen mit 2 Ah verbaut wurden, sind jetzt Standardzellen mit 2,6 Ah und Top-Zellen mit 3 Ah verfügbar.
Tesla verbaut sogar Zellen mit 3,4 Ah von Sony. Wenn man die auf der Zelle befindliche Bezeichnung in eine Suchmaschine eingibt, findet man dazugehörige Datenblätter.
Die verschiedenen Zellchemien haben unterschiedliche Eigenschaften. Lithium-Kobalt findet man etwa in Laptops: Sie haben die höchste Kapazitätsausbeute, sind billig, haben aber keine so hohe
Stromfestigkeit. Eine 2,6 Ah-Zelle kann mit 5 Ampere entladen werden. Auf Blöcken, die mit Samsung Inside bezeichnet werden, sind vier dieser Zellen parallel geschaltet. Dies bedeutet: 10 Ah
verfügbar, 20 Ampere Stromlieferfähigkeit. Leistungsfähiger sind Lithium-Mangan-Zellen: Eine 2Ah-Zelle bringt 20 Ampere. Dies ist die Standardzelle in allen Akkuschraubern und in leistungsfähigen
E-Bikes. Vermehrt kommen derzeit Trimix-Zellen auf den Markt, die die positiven Eigenschaften beider Zelltechnologien vereinen. Eine große negative Eigenschaft haben alle diese Zelltechnologien:
Beim Überladen können sie leicht brennen.
Ungefährlicher sind Lifepo4-Batterien, die als Nachrüstlösung gängig sind. Sie verfügen über die höchste Zyklenzahl 1000+. Ihr Nachteil liegt nur im deutlich höheren Gewicht und etwa 20 Prozent
höheren Preis. Aber die Technik ist verfügbar.
Funktionalität von Lithium-Batterien
Alle modernen Fahrradpacks haben ein Batteriemanagementsystem mit Computerschnittstelle. Im Gewährleistungsfall kann man damit alle relevanten Daten auslesen, wie z.B. die Zyklenzahl. Während des
Betriebs werden laufend die Temperatur sowie die Zelleneinzelspannungen überwacht. Sobald eine Zelle unter den Entladewert von drei Volt fällt, wird der Pack abgeschaltet. Beim Aufladen
funktioniert es umgekehrt: Die Zellen werden überwacht auf einen maximalen Spannungswert von 4,2 Volt, der Ladestrom wird beim Erreichen von 4,2 Volt abgeschaltet. Kleine Differenzen der Zellen
werden durch einen kleinen Balancingstrom ausgeglichen. Ein guter Akkupack hat gleiche Zellen mit gleichen Eigenschaften und gleicher Kapazität. Die Differenz zwischen den Zellen beträgt weniger
als drei Prozent im Neuzustand, nimmt aber im Laufe der Lebensdauer zu. Bei jeder Vollladung fließt ein kleiner Balancingstrom, der die Differenzen ausgleicht. Das Ganze nennt sich
Top-Level-Balancing. Da alle Zellen in Reihe geschaltet sind, bestimmt die schwächste Zelle die entnehmbare Kapazität. Billigräder in der 900-Euro-Klasse haben meist Block- oder Lipo-Zellen, die
eine Lebensdauer von einem Jahr bis drei Jahre haben. Hochwertige Akkupacks arbeiten mit 18650 Rundzellen und haben mehr als 750 Zyklen, was etwa zu vier bis sechs Jahren Lebensdauer
verhilft.

Second Protection
In jedem guten Batterieblock haben wir doppelt vorhandene Sicherheitssysteme, zum Beispiel zwei Temperatursensoren. Aber auch auf Zellebene gibt es doppelte Sicherheit in Form einer auslösenden
Überstromsicherung. Die Zelle ist dann irreversibel defekt, aber eine Überhitzung ist ausgeschlossen.
Ladetechnik
Gute Ladetechnik ist ausschlaggebend für eine lange Batterielebensdauer. Der Standard ist CC/CV. Das bedeutet: die leere Batterie wird mit dem Nennstrom des Ladegerätes (meist 1,6 bis 2 Ampere)
bis 42 Volt hochgeladen. Sobald der Strom abgenommen hat auf einen Wert von etwa zwei Prozent der Nennkapazität (also 200 mA), muss der Ladestrom komplett abgeschaltet werden. Wenn man das
Ladegerät vom Netz trennt, darf auf Batterieseite kein Ruhestrom mehr fließen. Bei manchen Billigsystemen ist dies aber der Fall. Das bedeutet: Über die Wintermonate entleert sich der Akkupack
bis zur Unbrauchbarkeit. Deshalb ist es erforderlich, das Ladegerät vom Akkupack zu trennen.
Lagern oder Überwintern von Akkus
Die Selbstentladung der Zellen ist fast null. Aber die übergeordnete BMS-Elektronik hat einen geringen Eigenverbrauch, der von einem aufgeladenen und gesunden Akkupack über viele Monate getragen
wird. Wird aber der Akkupack ins Rad eingebaut, kommt der Ruhestrom des Antriebs hinzu. Deshalb ist dreimonatiges Überprüfen und Nachladen empfehlenswert. Am besten ist eine Lagerung des Akkus
bei Temperaturen unter 20 Grad.
Versand von Lithium-Batterien (ADR)
Lithium-Batterien gelten als Gefahrengut. Der Versender ist verantwortlich für sichere Verpackung und Kennzeichnung. Für die unterschiedlichen Transportführer (Straße, Schiene, Flug, Wasser)
gelten unterschiedliche Bestimmungen. Die Transportvorschriften für den Straßentransport können Sie nachlesen im ADR (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher
Güter auf der Straße). Die Grenze liegt bei 100 Wh; alles was unter diesem Wert ist, gilt als ungefährlich (z.B. Laptop). Alle E-Bikes aber haben Akkus über 100 Wh. Jeder geprüfte Akkupack muss
gekennzeichnet sein mit Hersteller, Wh und absolvierten Sicherheitsprüfungen. Die Verpackung muss mit UN 3090 gekennzeichnet sein. Es ist erforderlich, dass ma als Händler die
Transportvorschriften kennt und einhält. Bei Nichtbeachten werden hohe Ordnungsstrafen verhängt! Es gilt der Grundsatz: Unkenntnis schützt nicht vor Strafe.
Außerdem müssen Sie als Händler an einer entsprechenden Schulung teilgenommen haben und den Nachweis darüber führen. Der Nachweis ist alle zwei Jahre zu erneuern. Derzeit werden die dafür zuständigen Beamten in den Ordnungsämtern dafür geschult.
Ausnahmen:
Ausgenommen von den Transportvorschriften ist die Versendung kompletter E-Bikes (inkl. Akku) sowie der Versand durch Privatpersonen.
Defekte Akkus
Defekte Akkus bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit. Ohne besonderes Fachwissen sollten Sie den Akkupack nicht öffnen. Ein tiefentladener Pack, der keine Energiemenge mehr anzeigt und sich
nicht laden lässt, muss sicher entsorgt werden. Besondere Brisanz besteht bei Akkupacks, die nach Lösungsmittel riechen. Dies ist zum einen gesundheitsgefährdend, zum anderen brennbar.
Verpacken Sie einen derart defekten Akku in einer festen Plastiktüte und lagern Sie ihn außerhalb der Geschäftsräume z.B. in einer Metallmülltonne. Es gibt inzwischen am Markt auch schon mehrere
professionelle Systeme, wenn man Akkus in größerer Anzahl sicher lagern möchte. In solchen speziellen, dafür geprüften Behältnissen ist eine sichere Lagerung möglich. Die Anschaffung ist
wärmstens zu empfehlen.
In der Vergangenheit gab es schon mehrere schwere Brände in Fahrradgeschäften, bei denen die Geschäftsräume vernichtet wurden. Dieses Risiko sollte keinesfalls unterschätzt werden. Prüfen Sie
unter diesem Aspekt auch Ihre Versicherungspolicen bzw. die Brandversicherung, ob auch alles abgedeckt ist.
