Merida präsentiert das neue XC-Fully Ninety-Six. Und überzeugt damit sogar die mehrfachen Weltmeister Gunn-Rita Dahle und Jose Antonio Hermida.
Mit unrasierten Beinen, Baggy-Shorts und einigen Kilo Übergewicht stehe ich in der ersten Startreihe. Dabei wollte ich doch nur Meridas neues Cross-Country-Flaggschiff bestaunen: das neue
Ninety-Six. Entwickelt in Deutschland, produziert in Taiwan, ein schönes Wettkampfrad, optisch aus einem Guss: Matt-schwarzes Karbon dominiert, hier und da etwas Creme-Weiss und natürlich
Merida-Grün. Sogar Rock Shox hat die RS-1 Federgabel und den Dämpfer passend lackiert. In die Gabel passt nicht jede Nabe, aber wer will diesem Rad schon ins Design pfuschen?
Den 96 Millimetern Federweg am Dämpfer verdankt das Ninety-Six seinen Namen, der Dämpfer ist am neuen Modell etwas nach hinten gerückt, so will Merida das Fahrwerk vor allem für Einfach-Antriebe optimieren, aber auch den Lock-Out-Zug sauberer und scheuerfrei integrieren. Integriert sind überhaupt alle Kabel sehr sorgfältig, wo immer möglich im Rahmen. Dort laufen sie in durchgehenden Hüllen und werden an den Ausgängen geklemmt. So nervt kein "Klapperstorch" mit schlackernden Zügen. Am Steuerrohr kann man sogar die Bremsleitungen tauschen (also mit dem linken Hebel die Hinterradbremse ansteuern) und trotzdem ohne Umwege die Leitung auf der anderen Seite des Steuerrohrs durch den Rahmen führen. Am Testbike schaltet SRAMs Race-Gruppe XX1, doch der Rahmen ist auch für die Umwerfer-Version der XTR Di2 kompatibel.
In der 29er Version gibt es den Rahmen in M, L und XL. Die Sitzrohrlängen: 46, 51 und 56 Zentimeter. Diese großen Sprünge sind mittlerweile üblich. In der 27,5er Version gibt es den Rahmen in 42
und 46 Zentimetern Sitzrohrlänge. Merida begründet die kleineren Größen der 27,5er und die größeren Größen der 29er Rahmen mit ähnlicheren Proportionen der Laufräder und des Rahmens zum Fahrer.
Das ist ein fundamentaler Unterschied zu Marken, die die Laufradgrößen vom Einsatzzweck (z.B. Marathon oder Gravity) abhängig machen und darum beide Laufradgrößen in allen Rahmengrößen
bieten
Besondere Mühe gibt sich Merida seit einiger Zeit mit den Lenkern, Vorbauten, Sattelstützen und Sätteln der hauseigenen Marke Procraft: Die Teile überzeugen nicht nur technisch, sondern
harmonieren optisch wunderbar mit dem einheitlichen Design.
Wie fährt das Bike? Das beantworten wir nicht mit subjektiven Eindrücken, sondern mit Fakten: Die mehrfachen Weltmeister Gunn-Rita Dahle und Jose Antonio Hermida gewannen ihre Medaillen-Berge
bisher stets auf Hardtails und sind so sehr vom Ninety-Six überzeugt sind, dass sie erstmalig im Weltcup ein Fully fahren werden. Das ist in unseren Augen die große Leistung der
Merida-Entwickler.
Die Fully-Premiere im Rennen ist meine einzige Gemeinsamkeit mit diesen Spitzenfahrern. Nur dass ich das Ninety-Six im Hobby-Rennen am Vortag fahre, so wie die Journalisten, die neben mir in der
ersten Startreihe aufs Foto warten. Ganz ehrlich: Mit meiner nach aussen gekehrten Spaßbiker-Attitüde bin ich ganz froh als ich nach dem Startschuss von den echten Rennfahrern überholt werde.
Alle Fotos: MERIDA / DANIEL GEIGER