Exklusiv-Interview Bjoern Thurau: "Mein Ziel ist die Tour 2017"

Noch hat König Fußball die Sportwelt fest im Griff. Nicht aber eingefleischte Rennrad-Fans. Vor allem nicht in Österreich. Die 68. Österreich Rundfahrt hat begonnen. Und auch Deutschland wird im kommenden Jahr im Zentrum des Radsports stehen.

 

Im Land des Fußball-Weltmeisters wird die legendäre Tour de France in Düsseldorf gestartet. VeloTOTAL hat hierzu mit einem deutschen Radprofi gesprochen, der in diesem Jahr noch bei der Österreich Rundfahrt dabei ist, 2017 aber auf die Tour de France hofft. Und das genau 40 Jahre nachdem sein prominenter Vater die Radsportherzen der Deutschen eroberte. Die Rede ist von Björn Thurau, Sohn der Rennrad-Legende Dietrich „Didi“ Thurau.

 

VeloTOTAL: Herr Thurau, gestern (2. Juli, Anm. d. Red.) hat die deutsche Fußballnationalmannschaft Italien besiegt. Waren Sie auch am Fernseher?


Björn Thurau: Ja natürlich. Ich habe auch einige italienische Team-Kollegen. Für mich war es ein Fußball-Fest. Ich finde vor allem Boateng beeindruckend und das, was er abgeliefert hat.
 
VeloTOTAL: Stichwort Frankreich, die Tour de France ist zeitgleich mit der Österreich Rundfahrt angelaufen. Sie wären sicher gerne dabei?
 
Thurau: Es ist immer schade, wenn man bei der Tour nicht dabei sein kann. Ich hoffe, nächstes Jahr vor heimischem Publikum fahren zu können. Als Deutscher ist das ein Highlight für die Karriere.
 
VeloTOTAL: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater, der bekanntlich 1977 mit seinen 15 Tagen in Gelb Tour-Geschichte geschrieben hat?
 
Thurau: Das Verhältnis ist sehr gut. Wir schreiben uns täglich Nachrichten. Bei der Flandernrundfahrt hat er zugesehen. Er versucht mir hier und da Tipps zu geben und auch, dass ich im kommenden Jahr einen guten Vertrag bekomme.
 
VeloTOTAL: Wie sind Ihre Erinnerungen an den Giro d’Italia? Im Jahr 2014 waren Sie der beste Deutsche in der Gesamtwertung, bis Sie auf der Königsetappe ins Martelltal aufgeben mussten.
 
Thurau: Es sind generell sehr schöne Erinnerungen, in einem Land zu fahren, wo der Radsport lebt. Das einzig Negative war, dass mir auf dem Weg zum Stilfserjoch die Kälte so zugesetzt hat, dass ans Ankommen nicht mehr zu denken war. Auch war ich vollkommen ausgehungert.
 
VeloTOTAL: Noch kurz zum Vinschgau und dem Martelltal. Sie haben die Fahrt dann im Mannschaftsbus erlebt.
 
Thurau: Ja, das ist eine schöne Ecke dort. Ich könnte mir ein Trainingslager gut vorstellen. Aber am liebsten würde ich im Rennmodus dort hochfahren.
 
VeloTOTAL: Vorerst aber bei der Österreich Rundfahrt. Was sind Ihre Ambitionen hier?
 
Thurau: Ich muss hier etwas zeigen. Ein Podestplatz wäre mein Ziel.
 
VeloTOTAL: Was sind Ihre weiteren Saisonziele?
 
Thurau: Zuerst geht es darum, die Österreich Rundfahrt hinter mich zu bringen. Danach überdenke ich die zweite Saisonhälfte. Bei der WM gehöre ich zwar zum auserwählten größeren Kreis, aber realistischer ist ein EM-Start. Das wichtigste Ziel ist ein Vertrag für 2017.
 
VeloTOTAL: Noch einmal Österreich. Ihre letzte Österreich Rundfahrt sind Sie noch für das österreichische ELK-Team gefahren. Welche Erinnerungen haben Sie daran?
 
Thurau: Das war eine sehr schöne Zeit. Wir waren wie eine kleine Familie. Bei jedem Rennen hatte man seinen Spaß. Ich schaue gerne darauf zurück. Die Österreich Rundfahrt ist ein schönes Rennen. Wenn das Wetter mitspielt, macht es umso mehr Spaß, hier zu fahren.
 
VeloTOTAL: Und wer ist Ihr Top-Favorit für die Tour de France.
 
Thurau: Nairo Quintana (Anm. d. Red.: gewann sowohl die Königsetappe des Giro d’Italia 2014 ins Martelltal als auch die Gesamtwertung)
 
VeloTOTAL: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute, Herr Thurau.

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Anmerkung: Das Gespräch mit Radprofi Björn Thurau fand am 3. Juli 2016 vor dem Start zur 1. Etappe der 68. Österreich Rundfahrt in Innsbruck statt. Auf dieser Etappe wagte Thurau bei Kilometer 40 an der Spitze des Feldes einen Ausreißversuch, bei dem er schwer stürzte. Trotz starker Schmerzen beendete Thurau die Etappe und kam mit dem Hauptfeld ins Ziel.
                                                                                                                    
Das exklusive Interview mit Björn Thurau für VeloTOTAL führte Dr. Josef Bernhart.